Forschen in der Fahrrinne

Seit 1997 erforschen BiologInnen der Universität auf einem Schiff die Ökologie des Rheins. Schwerpunkt des »Ökologischen Rheinlabors« sind die Auswirkungen der Klimaveränderungen auf das Leben im Fluss. Von Volker Elste, Patrick Hagen

Wie tausend andere Rheinschiffe sieht es aus, das Schiff, das in Höhe des Bayenthalgürtels im Rhein schippert. Zwei kleine Schilder am Heck sind der einzige sichtbare Hinweis auf seine Funktion: »Ökologisches Rheinlabor« ist auf dem einen zu lesen, »Universität zu Köln« auf dem anderen.

Das Schiff wurde 1953 aus zwei Schiffshälften zusammengeschweißt. Bereits ein Jahr später diente es der Kölner Sporthochschule als Ausgangspunkt für Ruderwandertouren. Seit 1997 untersuchen MitarbeiterInnen und StudentInnen des Zoologischen Instituts in mehreren Forschungslabors im Oberdeck unter anderem die Artenvielfalt im Rhein und die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf deren Zusammensetzung. Im Oberdeck befindet sich außerdem die Wohnung des Schiffsmeisters, der ständig an Bord sein muss, da das Schiff in der Fahrrinne liegt. Offiziell eröffnet wurde das Rheinlabor nach einer Generalüberholung des Schiffes im April 2002.

»Die Lebensgemeinschaft im Rhein ist nicht stabil«, erklärt der Kölner Zoologe Georg Becker. So habe die globale Temperaturerhöhung Auswirkungen auf das Leben im Rhein. Im Rheinlabor wird deshalb zurzeit untersucht, welche Folgen die Erwärmung auf Muscheln hat, die das Rheinwasser filtern. Auch hätten sich in den letzten zwanzig Jahren zahlreiche Arten neu angesiedelt: vom Röhrenwurm aus der Donau bis zu Krebsen aus dem St.-Lorenz-Strom. »Neozoen« nennen ZoologInnen diese zugewanderten Tierarten, die durch den Rhein-Main-Donau-Kanal oder im Ballastwasser großer Schiffe in den Rhein gelangen. Auch die verbesserte Wasserqualität des Stroms unterstütze die Ausbreitung, betont Becker. Die Kölner BiologInnen untersuchen die Auswirkungen der Zuwanderung auf die Rheinökologie und wollen herausfinden, wie sich das Zusammenleben mit den alteingesessenen Populationen entwickelt.

Im Rheinlabor widmet man sich außerdem dem Aal-Bestand in Deutschlands größtem Strom. Auf dem Außenfloß des Laborschiffes, von dem noch heute Ruderboote von Campussport zu Rheintouren aufbrechen, fangen deshalb MitarbeiterInnen des Rheinlabors mit Keschern Aale aus einer weißen Plastikwanne. Die Tiere werden einzeln an einen Tisch gebracht, markiert, gezählt und im Rhein ausgesetzt. Die Aale stammen aus der Mosel und wurden für das Projekt extra nach Köln gebracht.

Die Rheinpopulation von Wanderfischen, zu denen Aale und Lachse gehören, hat seit 1986 für ÖkologInnen eine besondere Bedeutung. Nach einem Großbrand in einer Lagerhalle des Chemiekonzerns Sandoz bei Basel wurde damals beinahe der gesamte Fischbestand vernichtet. Auf einer Strecke von rund fünfhundert Kilometern zwischen Basel und Koblenz gab es so gut wie keine Aale mehr. Die UmweltministerInnen der Rhein-Anliegerstaaten beschlossen daraufhin das Aktionsprogramm Rhein, das unter anderem zu verbesserten Lebensbedingungen für Wanderfische im Rhein und seinen Nebenflüssen führen sollte. Erst im Jahr 2001 wurde jedoch der vor 1986 typische Bestand von rund 45 Fischarten wieder erreicht.