Langsamer Annäherungsprozess

In der »Roma-Schule« werden Flüchtlingskinder aus Merkenich auf den Schulbesuch vorbereitet. Eine Ausstellung dokumentiert die Erfolgsgeschichte eines ungewöhnlichen Projekts. Von Patrick Gomolka, Claudia Drenske

Am Anfang stand die Kamera immer im Mittelpunkt. »Mach ein Foto von mir« war wohl der häufigste Satz, den Nils Neubert bei seiner Arbeit mit Flüchtlingskindern im Kölner Stadtteil Merkenich zu hören bekam. Erst nach einem Jahr war die Kamera den Kindern so vertraut, dass ungestellte Aufnahmen entstehen konnten. Der Kölner Politikstudent hat drei Jahre als Betreuer an der »Roma-Schule« gearbeitet und dabei fotografiert. Eigentlich waren seine Bilder als privates Foto-Tagebuch geplant. Nun sind sie vom 7. bis zum 24. April in der St. Brictius Kirche in Merkenich ausgestellt.

Die »Roma-Schule« ist ein Projekt des Vereins »Kindernöte«. Hier bereiten Heil- und SozialpädagogInnen Roma-Kinder aus dem Merkenicher Flüchtlingswohnheim auf den Besuch einer regulären Schule vor. In der Vorschul-Gruppe lernen die Kinder Deutsch und machen erste Schreib- und Leseübungen. Für diese Kinder gab es bis zum Herbst vergangenen Jahres in Nordrhein-Westfalen keine Schulpflicht, da sie offiziell nur geduldet in Deutschland leben. begreifen

Viele Kinder müssen zunächst grundlegende soziale Regeln verstehen. »Sogar zusammen zu spielen mussten sie erst lernen«, sagt Neubert. Am Anfang sei jeder Streit direkt in eine Schlägerei ausgeartet. Für ihn sind deshalb die Bilder, auf denen friedlich spielende Kinder zu sehen sind, etwas Besonderes. »Diese Bilder konnten erst nach anderthalb Jahren Arbeit entstehen«, sagt der Student. Seine Fotografien sind für ihn »das Ergebnis eines langen Prozesses der Annäherung.«

Das Projekt hat sich als erfolgreich erwiesen. 35 Kinder wurden bisher eingeschult, werden von dem Verein aber weiter betreut. Eine Schülerin zählt sogar zu den Besten aus ihrer Klasse. »Die Schule ermöglicht den Kindern einfach mal Kind sein zu können«, sagt Neubert. Er findet es wichtig, dass sie zeitweise Abstand von den beengten Unterkünften, in denen sie mit ihren Eltern leben, gewinnen können.

Mehr Informationen zu der Ausstellung und zu dem Verein Kindernöte gibt es unter: www.kindernoete.de

Die Ausstellung »Škola - Beziehung und Bildung« ist vom 7. bis zum 24. April in der Kirche St. Brictius in Merkenich und vom 24. April bis zum 15. Mai in der Grundschule Spoekelhof in Merkenich zu sehen.