»Asiens Berlusconi« mag keine Kritik

Regierungskritischer Journalismus gerät in Thailand immer stärker unter Druck. Fernsehen, Radio und Zeitungen werden zunehmend vom Medienkonzern des Premierministers Thaksin Shinawatra beherrscht. Von Gregor Leyser

Thailand ist hierzulande vor allem als günstiges Urlaubsziel bekannt und beliebt. Schon lange bevor Leonardo di Caprio im Film The Beach über die Khao San Road in Bangkok flanierte und sie so zur bekanntesten Straße Südostasiens machte, war Thailand mit seinem tropischen Klima, dem günstigen Wechselkurs und den traumhaften Stränden das Paradies für AussteigerInnen.

Doch mit der viel beschworenen Ursprünglichkeit ist es vorbei. Thailand befindet sich im Aufbruch. Nachdem in den Neunzigerjahren der Tourismusboom für einen ersten Aufschwung gesorgt hatte, bemüht sich die Regierung, das Land nach der Wirtschaftskrise von 1997 als wirtschaftliche Führungsmacht der Region zu etablieren. Dies wird durch den amtierenden Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra verkörpert, dessen Familie als die reichste Thailands gilt und Eigentümerin des Medien- und Mobilfunkkonzerns Shin Corporation ist.

Mit seiner Politik ist Thaksin durchaus erfolgreich, das jährliche Wirtschaftswachstum Thailands schwankt seit Jahren zwischen sechs und sieben Prozent. Doch die Kritik an seiner Regierung nimmt zu, denn der wirtschaftliche Aufschwung wird mit Krediten finanziert.

Auch sonst ruft die Politik der Regierung in Teilen der Bevölkerung Unmut hervor. Nach der Tsunami-Katastrophe vom Dezember 2004 weigerte sich die thailändische Führung, externe Hilfe anzunehmen. Zum Apec-Gipfel 2003 wurden tausende Obdachlose Bangkoks ausgewiesen oder in Sammellagern interniert. Das seit zwei Jahren in den südlichen Provinzen herrschende Kriegsrecht wurde zugunsten von Notstandserlassen aufgehoben, die es dem Premierminister erlauben, ohne das Parlament zu regieren. Der Vorwurf, Thaksin führe das Land wie der Patriarch eines Wirtschaftunternehmens, wird immer lauter.

Doch es ist für regierungskritische Stimmen schwer, sich in Thailand Gehör zu verschaffen. Im September wurden eine Reihe von unabhängigen Radiostationen mit fadenscheinigen Begründungen geschlossen. Die Rundfunklandschaft ist seit jeher stark reglementiert und steht unter Kontrolle der Regierung sowie der Shin Corporation. Bereits im Wahlkampf 2001 kaufte diese den einzigen unabhängigen Fernsehsender des Landes und entfernte umgehend kritische RedakteurInnen. Seitdem regiert die Partei »Thai Rak Thai« (Thais lieben Thais) mit einer Zweidrittelmehrheit, und Thaksin wird als »Berlusconi Asiens« tituliert.

Auch die bisher weniger stark reglementierten Printmedien stehen derzeit unter Druck. Die Mutterfirma der Bangkok Post, der größten englischsprachigen Tageszeitung des Landes, muss sich dem Versuch einer feindlichen Übernahme durch ein Unternehmen erwehren, das von einem engen Vertrauten des Premierministers geführt wird. Ebenso ergeht es dem unabhängigen Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Matichon.

Ein Beispiel dafür, wie mit kritischen JournalistInnen umgegangen wird, liefert der international bekannt gewordene Fall von Supinya Klangnarong, Journalistin der Thai Post. Diese hatte in einem Kommentar darauf hingewiesen, dass die Profite der Shin Corporation seit der Amtsübernahme Thaksins deutlich gestiegen waren, und sowohl sie als auch die Thai Post sahen sich daraufhin mit einer Zivilklage und einem Strafprozess wegen Verleumdung konfrontiert, gekoppelt mit Schadenersatzforderungen in Höhe von umgerechnet etwa achtzig Millionen Euro.

Um den Repressionen zu entgehen, sind bisher viele JournalistInnen mit ihrer kritischen Berichterstattung ins Internet ausgewichen. Um die Verfügbarkeit von schnellen Internetzugängen im ländlichen Raum zu verbessern, wurde im September dieses Jahres ein Satellit gestartet. Seine Eigentümerin: eine Tochterfirma der Shin Corporation.