Das pikante Millionengeschäft

Immer mehr fragwürdige Details über den Ausbau der Kölner Messe kommen ans Licht. Justiz und Aufsichtsbehörden verlangen Auskunft von der Stadt. Von Dirk Eckert

Die umstrittene Erweiterung der Kölner Messe beschäftigt mittlerweile die Kölner Staatsanwaltschaft. Alarmiert durch Berichte des Westdeutschen Rundfunks (WDR) über mögliche Klüngeleien beim Bau der neuen Messehallen wurde ein Ermittlungsverfahren gegen den Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) eingeleitet. Außerdem verlangt das Regierungspräsidium Köln umfassende Auskunft von der Stadtverwaltung über das Projekt, das dem Oppenheim-Esch-Fonds unter fragwürdigen Umständen im Dezember 2003 zugeschustert worden war. Ein Ende der Ermittlungen ist noch nicht abzusehen.

Bei der Messeerweiterung handelt es sich um ein kompliziertes Geschäft mit kommunalen und privaten VertragspartnerInnen. Die Messe hat das Grundstück für siebzig Millionen Euro an den Oppenheim-Esch-Fonds verkauft. Der baute für 260 Millionen Euro die Hallen. Die Stadt mietete diese für dreißig Jahre. Die jährliche Miete beträgt mehr als zwanzig Millionen Euro - macht Einnahmen von mehr als sechshundert Millionen Euro. Kein schlechter Gewinn für den Fonds. Zumal die Baukosten laut WDR niedriger sind als die angegebenen 260 Millionen Euro.

Die zentralen Fragen lauten: Warum wurde das Projekt nicht öffentlich ausgeschrieben, und warum bekam gerade Oppenheim-Esch den Zuschlag? Bislang hält die Stadtverwaltung unbeirrt daran fest, dass die Messe als Unternehmen, an dem die Stadt nur einen Anteil hat, nicht ausschreiben muss. Doch inzwischen mehren sich die Stimmen, die dies für notwendig halten. Der Düsseldorfer Anwalt für Vergaberecht, Jan Byok, stuft das ganze Geschäft als öffentlichen Auftrag ein, der europaweit hätte ausgeschrieben werden müssen. Beim Bund der Steuerzahler hält man das Geschäft für einen klaren Fall von Public Private Partnership (PPP), also einer Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft. Dann müsste es ebenfalls ausgeschrieben werden, wie es die Stadt Köln bei ihren PPP-Geschäften, etwa im Bereich Schulsanierung, auch macht.

Einmal unter Druck geraten, wollte Schramma nun nachträglich eine »renommierte« Kanzlei einschalten, um die Frage nach der Ausschreibungspflicht zu klären. Das hätte er vielleicht schon früher tun sollen. Denn es wurde gar nicht richtig geprüft, ob das Projekt hätte ausgeschrieben werden müssen. Die WirtschaftsprüferInnen von Ernst & Young, die mögliche GeldgeberInnen bewerten sollten, hatten im Gegenteil ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Behauptung der Kölnmesse, eine öffentliche Ausschreibung sei unnötig, »weder von der Kölnmesse GmbH noch von Ernst & Young rechtlich abschließend geprüft wurde«. Ein neues Gutachten bekam Schramma aber nicht, denn das Vorhaben scheiterte Mitte August im Hauptausschuss des Rates.

Mit seinen inzwischen zwei Berichten - der erste lief am 4. Juli im WDR im Rahmen der Sendereihe »die story«, der zweite am 21. Juli in der Sendung »Monitor« in der ARD - hat der WDR nicht nur Aufsichtsbehörden und Justiz aufgeschreckt. Täglich kommen neue Details über das Geschäft mit dem Oppenheim-Esch-Fonds ans Licht und halten die Stadtverwaltung auf Trab.

Nach dem ersten WDR-Bericht hatte die Stadt noch behauptet, sich für das günstigste von neun eingegangenen Angeboten entschieden zu haben. Insgesamt seien 24 Firmen angeschrieben worden. Doch dann hat Stadtkämmerer Peter-Michael Soénius (CDU) eingeräumt, dass die Prüfung der neun Angebote gar nicht bis zum Ende durchgeführt wurde. Als Grund gab er Zeitdruck an: Wegen des 2008 anstehenden Umzugs von RTL in die Messe habe die Stadt die neuen Hallen schnell gebraucht. Dieses Eingeständnis kam freilich erst, nachdem die mit der Prüfung der Angebote beauftragte Firma Ernst & Young klargestellt hatte, nie eine »konkrete, abschließende Auswahlempfehlung« abgegeben zu haben.

Wie kam es dann aber dazu, dass - obwohl die Prüfung fehlte - ausgerechnet der Oppenheim-Esch-Fonds den Auftrag bekam? Laut Schramma war es die Stadtsparkasse Köln, heute Sparkasse KölnBonn, die den Fonds ins Spiel brachte. »Die kennen wir als bonitätsmäßig 1a«, begründete denn auch Sparkassenchef und Messe-Aufsichtsratsmitglied Gustav Adolf Schröder vor kurzem die Wahl von Oppenheim-Esch. Der Investor hat mit der Sparkasse auch das Medienzentrum in Köln-Ossendorf realisiert. Damit wäre also klar, was der Vorteil des Oppenheim-Esch-Fonds gegenüber allen anderen InteressentInnen war: seine Beziehungen. Als der Auftrag an Oppenheim und Esch ging, saß der Aufsichtsratsvorsitzende der Oppenheim-Bank, Alfred von Oppenheim, übrigens auch im Aufsichtsrat der Messe - als Vertreter der Industrie- und Handelskammer Köln. Ein Schelm, wer jetzt an kölschen Klüngel denkt.

Dirk Eckert ist Redakteur der taz nrw.