Streiken gegen Billiglohn

Beim Leverkusener Busbetrieb Herweg streiken seit Anfang Januar etwa siebzig der achtzig FahrerInnen. Der Ausstand ist aber isoliert und bleibt ohnmächtig. Von Patrick Gomolka

Die FahrerInnen des Busunternehmens Herweg (HBB) müssen zu wesentlich schlechteren Bedingungen arbeiten als ihre KollegInnen der öffentlichen Muttergesellschaft Kraftverkehr Wupper-Sieg AG (KWS), obwohl sie dieselbe Arbeit machen und beide Betriebe in städtischem Besitz sind. Die HBB ist 2000 von der KWS aufgekauft worden. Sie fungiert nur formal als eigener Betrieb: ihr Personal fährt die Busse der KWS, und arbeitet im selben Bus-Depot Seite an Seite mit den KollegInnen der KWS.

Mit dem Kauf sollten vor allem niedrigere Löhne durchgesetzt und die Privatisierung der KWS vorbereitet werden. Seitdem ist bei der KWS niemand mehr eingestellt worden, ausscheidende FahrerInnen wurden durch HBB-FahrerInnen ersetzt. Diese bekommen dreißig Prozent weniger Lohn, haben ungünstigere Arbeitszeiten, und die bei den Öffentlichen Betrieben üblichen Lohnanpassungen nach Dauer der Betriebszugehörigkeit gelten für sie nicht. Manche der etwa achtzig FahrerInnen mit Familie sind trotz Vollzeitarbeit auf ergänzende Sozialhilfe angewiesen.

Die HBB-FahrerInnen wurden nach dem Tarifvertrag für private Busunternehmen bezahlt. Nachdem die Gewerkschaft Verdi diesen Tarifvertrag gekündigt hatte, zauberte die HBB einen Tarifvertrag mit der christlichen Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) auf den Tisch, bei der aber keine FahrerInnen Mitglied sind und die von Verdi nicht als ArbeitnehmerInnenvertretung anerkannt wird. Nun bot Verdi den Kommunen die Einführung eines deutlich schlechteren »Spartentarifvertrags« an und verband hiermit die Hoffnung, die Kommunen würden sich leichter zur Einführung eines Flächentarifvertrags bewegen lassen.

In den ersten Wochen konnte der Streik noch einigen Druck entfalten - vor allem, weil die komplette KWS-Belegschaft sieben Mal aus Solidarität die Busse stehen ließ. Sie hatten verstanden, dass es auch um ihre eigene Zukunft ging. Am 12. Februar untersagte jedoch das Landesarbeitsgericht diese Solidaritätsstreiks, die HBB mobilisierte ihre RentnerInnen als StreikbrecherInnen, die KWS heuerte Subunternehmen an. Ein streikbedingter Ausfall ist seitdem kaum noch zu bemerken.

Die HBB verweigert jegliche Verhandlungen. Die für die Haltung von KWS und HBB verantwortliche CDU-Ratsfraktion verhöhnt die Streikenden in einem Brief: Wer nicht zu den Bedingungen bei der HBB arbeiten wolle, könne gerne kündigen, es stünden genug InteressentInnen auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Im Streik bei der HBB geht es nicht einfach ums Geld. Wahrscheinlich hat die Stadt Leverkusen mittlerweile mehr Geld für die Vergabe der bestreikten Linien an SubunternehmerInnen bezahlt, als die Unterzeichnung des mageren Spartentarifvertrags kosten würde. Es geht ums Prinzip: Den ArbeiterInnen zeigen, dass Widerstand zwecklos ist, dass sie ohnmächtig sind.

Nur unterschwellig ist der Zusammenhalt und Unmut der gespaltenen Gesamtbelegschaft noch zu spüren. Der Betriebsratsvorsitzende der KWS weist auf den überdurchschnittlich hohen Krankenstand hin, der vielleicht nicht nur am schlechten Wetter liege. Trotzdem ist es beachtlich, dass die Streikenden der HBB trotz aller Drohungen ihren Streik fortführen. Der Geschäftsführer der HBB gab sich der Lokalpresse gegenüber jedoch gelassen: die Situation sei ein »still ruhender See«, in den wohl niemand einen Stein werfen werde. Aber am 16. April wurde doch ein kleiner Stein geworfen, der Wellen schlug. Etwa vierzig Menschen aus anderen Betrieben und aktive Arbeitslose blockierten für fast zwei Stunden das Busdepot. Die Mehrheit der FahrerInnen begrüßte die Aktion und insbesondere die Streikenden der HBB waren dankbar, dass ihr fast vergessener Streik wieder zu spüren war.