Großes Fressen oder Delicatessen?

Von Volker Elste, Raphaela Häuser

Bis zu 9000 Essen werden in Spitzenzeiten in der Uni-Mensa gebrutzelt. Die philtrat hat den MitarbeiterInnen in der größten Küche Kölns dabei über die Schulter geguckt. Wir entdeckten neben Unmengen an Fleisch und Gemüse auch riesige Pfannen, überdimensionierte Kochlöffel und Schlagbohrer, die als Rührgeräte eingesetzt werden. Unzufriedene StudentInnen waren bei dem Rundgang eher die Ausnahme, aber die eine oder andere Kleinigkeit hatten sie doch auszusetzen.

Noch fehlt das typische Mensabild: Lange Schlangen an der Essensausgabe und der Kasse. Auch vor den Schaukästen, in denen jeden Tag das Essen zur Begutachtung ausgestellt wird, ist das übliche Menschenknäuel nicht in Sicht. Aber es ist auch erst 10 Uhr. Die Mensa wirkt wie ausgestorben.

Ganz anders sieht es hinter den Kulissen aus: Dort herrscht schon lange Hochbetrieb. Im Hof der Mensa stehen immer noch die Lastwagen der ZuliefererInnen, im Verladebereich herrscht reges Treiben. Ab 7 Uhr kommen die LieferantInnen und bringen zwischen drei und vier Tonnen Zutaten und das jeden Tag. Bei diesen enormen Mengen sind die KüchenmitarbeiterInnen auf Vorarbeiten angewiesen. Das gelieferte Gemüse ist bereits geschält und geschnitten, auch der Salat wird fertig gelesen und geschnitten bezogen.

Danach betreten wir den riesigen Küchenraum im Untergeschoss. Er bietet eine Vielzahl an Kochstellen, Kipppfannen und meterlange Arbeitsflächen, auf denen die Zutaten verarbeitet und gemischt werden. Lange Reihen von Öfen, Waschbecken und Küchengeräten aus dem für Industrieküchen typischen polierten Chrom blitzen unter den Neonlampen. Ein Laufband führt durch eine fünf Meter lange Friteuse und transportiert die Pommes Frites von einem Ende des Ölbads zum anderen. In dieser riesigen Halle wirken die 15 MitarbeiterInnen, die mit der Zubereitung des Mittagessens beschäftigt sind, etwas verloren.

»In den Semesterferien brauchen wir natürlich weniger Personal«, meint Beunings, der Küchenleiter der Mensa. Daher verfügt die Mensa über ein Stammpersonal von sechzig Personen, das im Semester durch SaisonarbeiterInnen aufgestockt wird. Dann rühren bis zu einhundert MitarbeiterInnen in den Küchen der Mensa Salatsaucen an, braten Fleisch und bereiten die 15 bis 18 Beilagen vor. In den Semesterferien werden nur 3800 bis 4200 Mahlzeiten pro Tag zubereitet, während der Vorlesungszeit ist die Uni-Mensa mit bis zu 9000 Essen täglich hingegen die mit Abstand größte Küche in Köln. 1000 bis 1200 Gerichte werden in der Abendmensa ausgegeben. Nebenbei beliefert die Uni-Mensa die Katholische Fachhochschule, die Medienhochschule, die Fachhochschule in der Claudiusstraße, den E-Raum und den Kindergarten im Weyertal.

Um pünktlich mit dem Mensabetrieb anfangen zu können, laufen bereits seit 6.45 Uhr Vorbereitungen für das Mittagessen in den insgesamt drei Küchen der Zentralmensa. Mit Beginn der Ausgabe um 11.30 Uhr muss alles fertig sein. Gerade werden die Schweineschnitzel, die heute auf der Speisekarte stehen, in den riesigen, mehr als einen Meter großen Pfannen angebraten. Der Fußboden ist vom spritzenden Öl fettverschmiert. Mit einem Gartenschlauch beseitigt eine Mitarbeiterin die gröbste Fettschicht.

Obwohl die Schnitzel jetzt schon angebraten werden, bleiben sie innen noch roh. Erst kurz vor Beginn der Essenausgabe werden sie in einem speziellen Ofen gegart, damit das Essen frisch an die Gäste ausgegeben wird. »Wir hätten einfach nicht die Zeit, die Schnitzel erst kurz vor der Ausgabe zu braten«, erklärt Beunings diesen Umstand: »Das ist der Unterschied zu Restaurants. Unsere Gäste wollen keine lange Wartezeit.« Alternativ gibt es heute geschmorte Rinderkeule mit Rosmarinjus, Salzkartoffeln und Bohnengemüse. Die Kartoffeln für die Beilage werden in viereckigen Behältern, schätzungsweise einen halben Meter hoch, bis zur Weiterverarbeitung zwischengelagert. In Wasser natürlich, damit sie nicht braun werden. Für VegetarierInnen werden Semmelknödel mit Pilzragout und Blattsalat oder Gemüsepuffer mit Kräuterdipp angeboten.

Nebenan kommt bereits der Hackbraten für morgen in den Ofen. »Der Braten lässt sich besser schneiden, wenn er kalt ist«, erklärt uns Beunings, während wir das fachmännische Klopfen des Fleisches begutachten. »Daher«, fährt der Küchenchef mit seinen Erläuterungen fort, »wird er bereits heute angebraten, kommt dann über Nacht in den Kühlraum und wird am nächsten Tag in kaltem Zustand geschnitten und in Scheiben servierfertig gemacht.«

Beim Braten, Kochen, Schneiden und Hacken gehören natürlich auch Verletzungen zur Tagesordnung. Letzte Woche, berichtet Beunings, habe sich einer der Köche die Fingerkuppe abgeschnitten. »Aber das sieht auf den ersten Blick immer schlimmer aus als es ist.« Größere Unfälle kommen sehr selten vor, beschwichtigt der Küchenchef.

Die Mensa achtet stark darauf, dass die gelieferten Waren hygienisch einwandfrei sind. Außerdem verwendet sie seit dem BSE-Skandal ausschließlich Bio-Rindfleisch. »Wir mussten daher für Fleischgerichte höhere Preise verlangen und dies unseren Gästen erklären«, betont Beunings. Neben einer regelmäßigen Hygiene-Kontrolle durch die Stadt hat sich die Uni-Mensa ein System der freiwilligen Selbstkontrolle geschaffen: Es wird täglich hausintern geprüft und dokumentiert. Darüber hinaus haben die Studentenwerke in Nordrhein-Westfalen einen Kooperationsvertrag mit einem Hygieneinstitut abgeschlossen, das mit seinen Untersuchungen eine zusätzliche Kontrolle gewährleisten soll.

Bei den angebotenen Gerichten dagegen gibt es keine zentrale Vereinheitlichung: Alle Essen, so erzählt Beunings, basieren auf eigenen Rezepten. In der Testphase werden die Zutaten für jedes neue Gericht mit der Waage abgemessen, ehe sie in den Topf oder die Pfanne kommen. Aus insgesamt zweihundert Kilogramm Fleisch entsteht beispielsweise Gulasch für zwölfhundert Essen. Hinzu kommen noch fünfzig Kilogramm Zwiebeln, dreißig Kilogramm Tomaten und drei bis vier Kilogramm Mehl sowie Flüssigkeit für die Sauce. Die Abstimmung der Gewürze ist Sache der KöchInnen.

Für die Zusammenstellung der Speisepläne ist Beunings zuständig. Beraten wird er hierbei von den insgesamt zwölf KöchInnen, die in der Uni-Mensa arbeiten. Sie legen Wert darauf, dass das tägliche Angebot ausgewogen und vielfältig ist. So muss immer ein Essen ohne Schweinefleisch auf der Speisekarte stehen, damit für die Verpflegung der MuslimInnen gesorgt ist. Bei der Erstellung der Speisepläne müssen auch saisonale Vorlieben der Mensagäste berücksichtigt werden. »Verständlicherweise ist Kohlgemüse im Sommer nicht mehr so angesagt.« Dabei orientiert sich die Mensaleitung vorwiegend an den Vorjahreszahlen. Nur Pasta, verrät Beunings, läuft immer gut, egal in welcher Variante. Damit das Angebot nicht langweilig wird, sollen Länderwochen und andere zeitlich begrenzte Aktionen für Abwechslung sorgen.

Mittlerweile ist es 11.30 Uhr geworden und die ersten StudentInnen streben auf die Speisesäle im Unter- und Mittelgeschoss zu. Noch hält sich der Andrang an der Ausgabe in Grenzen. Er wird heute auch nicht so groß werden wie im Semester. Dann können die Menschenschlangen weit auf den Flur reichen. Hinzu kommt, dass durch das so genannte Komponentenessen, bei dem sich die Gäste die Beilagen selbst zusammenstellen können, die Wartezeiten länger werden. Dies bestätigt auch Beunings: »Bei einer Schlange von fünfzig Personen kommt es natürlich zu Verzögerungen, wenn der erste in der Schlange eine Beilage aus der Auslage nimmt, und sie dann zurückstellt, um eine andere zu holen.« Er fügt jedoch an, dass sich durch diese Auswahlmöglichkeit die Variationsbreite erhöht habe.

Mit der Reaktion der Gäste ist der Küchenleiter weitgehend zufrieden, auch wenn er bei einigen Aussagen doch schlucken muss. »Wie immer im Leben wird nicht darüber geredet, wenn etwas gut ist, sondern nur wenn man nicht zufrieden ist. Das ist aber nicht unangenehm, in der Regel ist das schon konstruktiv.«

Es gibt aber auch positive Stimmen: Eine Studentin, die sich gegen 12 Uhr auf ihr Mittagessen freut, beurteilt die Güte des Essens wie folgt: »Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Auch das Angebot ist sehr abwechslungsreich.« Das Restaurant, das im Mittelgeschoss exquisitere Gerichte und Frontcooking als Erlebnisgastronomie anbietet, ist ihr allerdings zu teuer. Unterstützt wird sie in dieser Einschätzung von einer Kommilitonin, die ebenfalls auf dem Weg zur Ausgabe ist. Diese hat jedoch den Eindruck, dass das Essen nicht immer wirklich gesund sei. Ein Lieblingsmensagericht haben beide nicht. »Die Tortillas mit Avocadodipp sind klasse«, verrät hingegen ein weiterer Gast: »Für die gehe ich auch ohne Hunger in die Mensa.« Ihm ist jedoch das vegetarische Essen in der Mensa zu dröge. Und auch an den Fleischgerichten hat er etwas auszusetzen: »Es könnte auch mal was anderes als Schnitzel geben«.