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Kölner CDU will Plätze unter Kamerabeobachtung stellen, die Polizei lehnt dankend ab Von Dirk Eckert

Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen - das könnte in Köln bald Realität werden. Die Rats-CDU treibt entsprechende Pläne voran. Auf Antrag der schwarz-grünen Rathauskoalition will die Stadt demnächst ein Hearing veranstalten, um zu prüfen, »ob die Videoüberwachung ein geeignetes Mittel ist, die objektive und subjektive Sicherheitslage in Köln zu verbessern«, wie es in dem Antrag heißt.

Die CDU fordert seit Jahren, Orte wie die Domplatte, Heumarkt oder Neumarkt unter Kamerabeobachtung zu stellen. Die Partei erhofft sich davon, Taschendiebstähle und Überfälle zu verhindern und die TäterInnen leichter fassen zu können. Bestärkt sieht sich die CDU durch die rot-grüne Landesregierung, die am 4. Juli 2003 den Paragraf 15a des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NW) geändert hat. Mit der Gesetzesnovelle wurde die Videoüberwachung an »einzelnen öffentlich zugänglichen Orten« erleichtert, »an denen wiederholt Straftaten begangen wurden«.

Die Kölner Polizei indes sieht überhaupt keinen Grund, Videokameras einzusetzen. »Es gibt in Köln keine Konzentration von Straftaten an bestimmten Orten«, so Polizeisprecher Jürgen Göbel gegenüber der taz. Auch die so genannten Klau-Kids lässt der Polizeisprecher als Argument nicht gelten. Die würden schließlich nicht nur in der Innenstadt klauen. Außerdem habe die Polizei die Möglichkeit, dreimonatige Aufenthaltsverbote für gewisse Orte zu verhängen. »Den geringeren Grundrechtseingriff ziehen wir vor«, so Göbel. Grundsätzlich lehne die Polizei Videoüberwachung zur Verbrechensbekämpfung allerdings nicht ab. »Wir stehen dem offen gegenüber«, betont Göbel nachdrücklich.

Alfred Kuhlmann, CDU-Ratsherr und Vorsitzender des zuständigen Ausschusses für Allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen des Rates der Stadt Köln, lässt sich von solchen Aussagen nicht beirren. Die Überwachung einzelner Plätze müsse nach ihrer Zweckmäßigkeit beurteilt werden, sagt er. »Die Verbesserung der Sicherheit ist die entscheidende Größe.« Flächendeckende Videoüberwachung wie in Großbritannien will er aber nicht. »Dann greifen Sie in die Privatsphäre des Einzelnen ein.«

Beim grünen Koalitionspartner stößt die Rats-CDU mit ihren Vorstellungen auf Ablehnung. Der grüne Fraktionsvize Jörg Frank erhofft sich daher bei der öffentlichen Anhörung Klärung darüber, ob denn mit Kameras die Sicherheit an Plätzen wie dem Neumarkt überhaupt verbessert werden könne. »Da gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Ich bin skeptisch, dass das überhaupt was bringt«, so Frank. Die Änderung des Polizeigesetzes sei schlicht »nicht notwendig« gewesen und nur aus wahltaktischen Gründen geschehen, weil die SPD das Thema Sicherheit habe besetzen wollen.

Unterstützung für das schwarz-grüne Hearing kommt von der SPD: »Die gesetzlichen Grundlagen sind da, wir müssen jetzt prüfen, ob Videoüberwachung für Köln Sinn macht«, so Fraktionsgeschäftsführer Michael Zimmermann. »Vorher sind Aussagen genereller Art nicht möglich.« Kritik übt dagegen FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite: »Schwarz-grün traut sich nicht, eine Entscheidung zu treffen.« Das Thema sei doch bekannt, man müsse da »nicht das Rad neu erfinden. Das Hearing wird doch nur gemacht, damit die Grünen besser umfallen können.«

Von Kameras gegen Taschendiebstahl hält Breite nichts: »Straftaten wirklich ahnden hilft mehr als jede Videoüberwachung.« Auch Jörg Detjen (PDS) plädiert dafür, die Kosten für ein Hearing zu sparen. Er sieht die Gefahr, dass private Dienste die Überwachung übernehmen könnten. »Das ist hoheitliche Tätigkeit und darf nur von Beamten ausgeübt werden.«

Der Artikel ist zuerst in der taz köln vom 7. Januar erschienen.