Davidstern und Lederball: Die Geschichte des jüdischen Fussballs

Von Volker Elste

1925 war das erfolgreichste Jahr der Wiener Hakoah. Der 1909 gegründete Fußballverein wurde österreichischer Meister - vor Vereinen wie Amateure/Austria Wien und Rapid Wien. Die Hakoah war der erste und bis heute einzige österreichische Fußballmeister, dessen Mannschaft sich ausschließlich aus Spielern jüdischen Glaubens zusammensetzte. Während Austria und Rapid Wien noch heute zu den führenden Vereinen in Österreich gehören, ist Hakoah Wien nach 1945 weitgehend in Vergessenheit geraten.

Die Erinnerung an heute wenig bekannte Vereine wie Hakoah Wien oder auch verschiedene Maccabi-Vereine in Deutschland ist aber nur ein Verdienst des Buches Davidstern und Lederball, das von Dietrich Schulze-Marmeling herausgegeben wurde. Schulze-Marmeling hat mehr als 25 Aufsätze zusammengetragen, die sich, wie der Untertitel des Buches erklärt, mit der Geschichte der Juden im deutschen und internationalen Fußball befassen.

Der zentrale Aspekt in fast allen Beiträgen ist der Einschnitt durch die ›Machtergreifung‹ der NationalsozialistInnen. Nach 1933 wurden die jüdischen Vereine in Deutschland aufgelöst. Mit der Besetzung fast aller europäischen Länder vor und während des Zweiten Weltkrieges wurde das Verbot jüdischer Vereine auf diese Länder übertragen. Viele jüdische SportlerInnen und FunktionärInnen verließen Europa. Andere wurden in den Konzentrationslagern der NationalsozialistInnen ermordet. Als ein Beispiel wird in Davidstern und Lederball das Schicksal von Julius Hirsch angeführt. Hirsch, einer der besten deutschen Fußballer nach der Jahrhundertwende, wurde nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Das letzte Lebenszeichen von Hirsch ist eine Postkarte an seine Tochter Esther, die am 3. März 1943 in Dortmund abgestempelt wurde.

Auch der auf den internationalen Fußball gerichtete Blickwinkel macht das Buch interessant. So sind beispielsweise der Entwicklung der US-amerikanischen Profiligen und dem Exilfußball in New York und Schanghai eigene Aufsätze gewidmet. In diesen Beiträgen kommt dann auch die Hakoah aus Wien wieder ins Spiel. 1926 unternahm die Hakoah eine erste Tournee durch die Vereinigten Staaten, der 1927 eine zweite Gastspielreise folgte. Viele Spieler blieben in den Vereinigten Staaten und spielten in den dortigen Profiligen. Nach dem »Anschluss« Österreichs 1938, dem Ausschluss der Hakoah aus der »großdeutschen« Meisterschaft und der Auflösung des Vereins durch die NationalsozialistInnen verließen weitere Spieler und zahlreiche Funktionäre Europa. Einige von ihnen gründeten 1940 den Hakoah Amateur-Club New York. Andere riefen 1938 den Verein Hakoah Tel Aviv ins Leben, der nach der Vereinigung mit Maccabi Ramat Gan in den Sechziger- und Siebzigerjahren zweimal israelischer Meister wurde.

Davidstern und Lederball ist absolut lesenswert - und das nicht nur für FußballanhängerInnen. Es ist momentan das umfangreichste und beste Buch über die Geschichte der Juden im deutschen und internationalen Fußball.

Dietrich Schulze-Marmeling (Hg.): Davidstern und Lederball. Die Geschichte der Juden im deutschen und internationalen Fußball, Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2003, 26,90 Euro.