Appel-und-Ei-Flieger

Mit dem Billigflieger in den Urlaub – Ja oder Nein? Von C. Wienen, Fatima Khan

dafür

Ein Hoch auf die Billigflieger! Ohne sie hätten viele Menschen nie das Kolosseum, den Eiffelturm, den schiefen Turm von Pisa, die Tower Bridge oder das Brandenburger Tor gesehen. Billigflieger lassen Länder zusammenwachsen. Einfach mal für ein Wochenende nach Rom zu fliegen, das wäre in der Prä-Billigflieger-Zeit undenkbar gewesen. Kostengünstiger denn je, kann man innerhalb kürzester Zeit Städte erkunden, Museen besuchen oder in diesem kleinen, traditionellen italienischen Restaurant mit rot-weiß karierten Tischdecken im römischen Stadtteil Trastevere eine Pizza genießen.

Gerade als StudentIn hat man das Geld oft nicht auf der hohen Kante liegen und da kommen einem günstige Flugtickets natürlich gelegen. Billigflieger erweitern den Horizont. Heutzutage muss man allumfassend gebildet sein und dazu gehört, so viele Sprachen wie möglich zu sprechen, Auslandserfahrungen zu sammeln und andere Kulturen kennenzulernen. Billigflieger fördern die Völkerverständigung.

In andere Länder zu fliegen, fremden Menschen zu begegnen und in neue Kulturen einzutauchen, kann auch Vorurteile abbauen. Billigflieger beflügeln die Liebe. Nicht auszudenken, wie viele Fernbeziehungen ohne Billigflieger in die Brüche gegangen wären. So kann man die Liebe hegen und pflegen und falls man sich streitet, kann man dank der Billigflieger auch schnell wieder abhauen. Natürlich schaden Billigflieger der Umwelt. Aber wer einmal 13 Stunden in einem Bus nach Rom gesessen hat, ohne Klimaanlage, dafür mit schwitzendem Sitznachbar, tut sich das nie wieder an. Und das Flugzeug fliegt so oder so.

Nur das Wort Billigflieger hinterlässt einen faden Beigeschmack. Vielleicht sollte man die Billigflieger umbenennen. Es wäre doch viel netter, mit dem »Appel-und-Ei-Flieger« in den Kurzurlaub zu düsen.

Fatima Khan

dagegen

Billigflieger bringen Menschen an viele Orte dieser Erde. Tag für Tag starten die Kerosinschleudern Richtung Sonne, Schnee oder Metropole. Das alles geht aber nur, weil Kerosinverbrauch staatlich unterstützt wird. Die Ökosteuer gilt nicht für das Kerosin der gewerblichen Personenflüge. Selbst die Kerosinsteuer, die nach europäischem Recht erlaubt wäre, wird nur von den Niederlanden erhoben. Alle anderen europäischen Staaten verzichten auf diese Geldquelle und fördern damit den Wettbewerbsvorteil der Billig-Airlines. Das umweltschädlichste Transportmittel Flugzeug wird sogar so gut unterstützt, dass Inlandsflüge und Flüge ins nahe Ausland bis zu 75 Prozent billiger sein können als ein klimafreundlicheres Bahnticket. Somit wird umweltbewusstes Handeln zum Privileg der Gutverdienenden. Wer auf sein Geld achten muss, kann sich die Bahn nicht leisten.

Billiges Fliegen schadet nicht nur der Umwelt. Die vielen kleinen Regionalflughäfen werden nicht nur von Billig-Airlines angeflogen, sondern werden von den Kommunen als Geldquelle und Touristenmagnet gefeiert. Tatsächlich bescheren sie den Gemeinden oftmals Verluste. Private InvestorInnen ziehen irgendwo in der Provinz einen neuen Flughafen auf. Die Gemeinde gibt willig Kredite, macht sich abhängig von den Fluggesellschaften - und bleibt am Ende oftmals auf ihren Schulden sitzen, wenn diese sich aufgrund mangelnder Passagierzahlen zurückziehen. So geschieht es derzeit in Weeze mit Ryanair. Zahlen müssen die SteuerzahlerInnen.

Nicht zuletzt muss ein solcher Preiskampf auch in unzumutbaren Arbeitsbedingungen für die Angestellten der Billig-Airlines enden. Tatsache ist, dass nicht selten die zukünftigen Angestellten ihre Schulungen selber berappen. Auf den mehr als tausend Euro Schulden bleiben sie dann sitzen, wenn sie den Job nicht kriegen.

Cornelia Wienen