Happy Camping oder doch ins Hotel?

Dafür und dagegen X: Mit Zelt, Schlafsack und Kocher auf ins Campingleben - Ja oder Nein? Von Julia Groth, Katrin Gildemeister

dafür

Urlaub muss jeder irgendwann mal machen und wer campt, hat alle denkbaren Möglichkeiten. Oder auch die Qual der Wahl. Ob im eigenen Garten oder an einem verlassenen thailändischen Strand, in einem Campingwagen mit jedem erdenklichen Luxus inmitten Gleichgesinnter oder romantisch, abseits jeglicher Zivilisation im Einklang mit der Natur. Eines jedoch haben alle Campingurlaube gemeinsam: das Gefühl der Freiheit. Wer kennt nicht das Gefühl hinaus zu wollen, wegzulaufen vom zähen Alltag. Nur beim Camping beschleicht einen dieses andere Gefühl, das Gefühl der unbegrenzten Möglichkeiten. Unabhängig von sozialen Verpflichtungen und Normen kann man barfuss und dreckig durch die Welt laufen und völlig ungebunden über das Tagesprogramm entscheiden. Auch die Nähe zur Natur ist ein nicht zu vernachlässigender Pluspunkt - keine Betonmauern, die es verhindern, den zirpenden Grillen am Abend zuzuhören. Und die Stimmung beim Abendessen, wenn der weite Sternenhimmel sich über einem erstreckt, kann kein Hotel bieten. Das anschließende Einkuscheln in den Schlafsack, während die Natur rund um das kleine Zuhause langsam einschläft, ist ein weiteres Argument für Campingurlaub. Denn nie ist es friedlicher als in diesem Moment, wenn man das Leben um sich herum atmen hört und selbst ein Teil davon ist. Ob gesellig oder einsam, zu den aufgezählten Vorteilen kommt auch der unvergleichliche Preis hinzu. Billiger kann man kaum Urlaub machen und erholter, als nach ein paar Tagen oder Wochen mit Besinnung auf sich selbst als Naturwesen, kann man kaum sein. Nur wer aus dem Alltag mit all seiner Bequemlichkeit und all seinen Anforderungen ausbrechen kann, ist bereit, zurückzukehren. Denn nur wer loslassen kann, kann richtig festhalten.

Katrin Gildemeister

dagegen

Campingurlaub gehört unzweifelhaft zu den unangenehmsten Arten, seine Freizeit zu verbringen. Mücken, Raupen, Spinnen und anderes Getier, Hitze oder Regen, Isomatten oder Luftmatratzen mindern die Urlaubsqualität gewaltig. Hinzu kommen wenig private sanitäre Anlagen, im schlimmsten Fall gibt es überhaupt keine. Die Menschen, die unfassbarerweise einen solchen Urlaub einem Aufenthalt in einem netten Hotel oder auch nur einer Jugendherberge oder einem Hausboot vorziehen, lassen sich in der Regel in zwei Kategorien einteilen: Die einen halten sich für wild und abenteuerlich, wenn sie mit dem Campingkocher auf einem Campingplatz zelten und beim Duschen im Gemeinschaftsduschraum versuchen, ihre Mit-Duschenden zu ignorieren und sich vorzustellen, sie stünden unter einem Wasserfall. Diese MöchtegerncamperInnen sind zwar lästig in ihrem Drang, sich sichtbar als arg naturverbundene Existenzen zu positionieren, aber immerhin klug genug, die Errungenschaften der Zivilisation zu würdigen und die wirklich unberührte Natur unberührt bleiben zu lassen. Die Erkenntnis, dass sie und ihre Zelte in urwüchsigen Gegenden gar nicht willkommen sind, hat die zweite Gruppe, die der WildcamperInnen, hingegen noch nicht erreicht. Unverdrossen ziehen sie los, trampeln Pflanzen platt, machen Kleinstlebewesen den Garaus und feiern sich dafür, wie naturverbunden sie sind, weil sie nicht auf den Campingplatz gehen. Ein Hotel hat natürlich weitaus mehr Plattmachpotenzial. Dafür hat es aber den Vorteil, dass es schon steht. Muss man denn auch noch in das Wäldchen daneben einmarschieren, das Zelt auf dem Rücken? Wenn Hotels irgendwann mit Sonnenkollektoren ausgestattet sind und eine hübsche Ökobilanz aufweisen, fällt endlich das letzte Argument dafür, Campingurlaub zu machen.

Julia Groth