Folge des Apartheidsregimes

Analphabetismus in Südafrika hat historische Ursachen Von Christina Grolmuss

Die Buchmesse in Kapstadt verzeichnete in diesem Jahr einen Besucherrekord. Zirka 50000 Menschen, schätzen die VeranstalterInnen, kamen auf das Messegelände. Neben AutorInnenlesungen und Diskussionsrunden stellten die VeranstalterInnen auch Buchsammlungen zu bestimmten Themen aus, beispielsweise zu Nelson Mandela. KinderbuchautorInnen zogen mit ihren Lesungen das jüngere Publikum in ihren Bann. Eine speziell für die Kinder eingerichtete Kids Zone sollte die Kreativität der Kleinen fördern und Spaß am Lesen vermitteln.

»Das Thema Bildung spielt für uns eine Rolle und spiegelt sich im Programm der Messe wider«, sagt Pressesprecherin Anne Eckert. Das ergibt Sinn, denn schließlich lockt eine derartige Veranstaltung eine bestimmte Zielgruppe an: das lesende Volk. Doch Lesen und Schreiben wollen gelernt sein. Mehr als 17 Prozent der erwachsenen Bevölkerung Südafrikas genießen dieses Privileg nicht. Betroffen von dem so genannten funktionalen Analphabetismus sind insbesondere schwarze Frauen. Laut einer Statistik der Unesco besuchten im Jahr 2004 immerhin 92 Prozent der Kinder eine Grundschule, aber nur noch 63 Prozent eine weiterführende Schule. Alphabetisierungsprogramme haben die VeranstalterInnen der Kapstadt Buchmesse allerdings nicht geplant. Für viele Menschen stellt der Tages-Eintrittspreis von dreißig Rand (etwas mehr als drei Euro) ohnehin ein Vermögen dar. Mehr als ein Drittel der SüdafrikanerInnen haben zum Leben nur die Hälfte davon pro Tag.

Der Mangel an Bildung begründet sich in der politischen Lage Südafrikas im vergangenen Jahrhundert. Unter dem Apartheidsregime der weißen MachthaberInnen standen für weite Bevölkerungsteile Befreiungskämpfe an erster Stelle. Mit dem Slogan »Liberation but education« (Befreiung statt Bildung) kämpfte der Afrikanische Nationalkongress gegen Unterdrückung und für die Gleichstellung der schwarzen und weißen Bevölkerung. Am 16. Juni 1976 kam es zum Aufstand von Soweto. SchülerInnen und Studierende protestierten gegen die Einführung von Afrikaans als einzige Unterrichtssprache in den höheren Klassen und den Universitäten. Afrikaans war für sie die »Sprache der Unterdrücker«, die vielen SchwarzafrikanerInnen den Zugang zur höheren Bildung versperrte. Der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen, Soweto gilt heute als Symbol für den Kampf gegen die Apartheid.

An diesem symbolträchtigen Datum, dem 16. Juni, begann dieses Jahr wie auch im Vorjahr die Buchmesse in Kapstadt. Die Idee für die Veranstaltung hatte der Direktor der Frankfurter Buchmesse, Juergen Boos. Er wollte damit laut eigener Aussage südafrikanischen VerlegerInnen eine Plattform bieten, um sich auf dem internationalen Markt präsentieren zu können. Im letzten Jahr rief er die Messe deshalb gemeinsam mit dem südafrikanischen VerlegerInnenverband PASA ins Leben.