Keine Angst zu leben

In Elsa und Fred läutet eine todkranke Frau ihren zweiten Frühling ein. Von Raphaela Häuser

»Du hast keine Angst vor dem Tod, du hast Angst vor dem Leben«, sagt Elsa ihrem hypochondrischen Nachbarn Alfredo. Elsa ist um die achtzig - und pubertiert. Mit ihrem pinkfarbenen Teenie-Handy telefoniert sie am Steuer ihres roten Kleinwagens, mit dem sie munter andere Autos rammt. Zeugen, auch minderjährige, werden kurzerhand bedroht. Mit der Wahrheit nimmt sie es nicht so genau, schon gar nicht gegenüber ihrem Sohn Gabriel, der die chaotische Mutter auf Schritt und Tritt kontrollieren möchte.

Elsas Leben klingt nach großem Spaß, hat aber einen Schönheitsfehler - sie ist todkrank. Das soll sie jedoch nicht daran hindern, ihren Lebensabend so richtig zu genießen und sich vor allem ihren großen Traum zu erfüllen: Einmal wie Anita Ekberg in La dolce vita im Trevi-Brunnen baden. Alles, was fehlt, ist ihr eigener Marcello Mastroianni.

In dessen Rolle könnte der neue Nachbar Alfredo schlüpfen, der introvertierte, frisch verwitwete 78-Jährige, dessen Leben immer von seiner Familie bestimmt wurde. Nach dem Tod der Ehefrau übernimmt seine dominante Tochter Cuca das Ruder. Das kann Elsa nicht zulassen und dringt - vorerst mit einem Rammbock durch die Tür - in Alfredos Leben ein. Der lernt alsbald, wie man im Nobelrestaurant die Zeche prellt, sich von der Verwandtschaft emanzipiert und das Leben in vollen Zügen genießt.

Regisseur Marcos Carnevale legt mit Elsa und Fred eine hervorragend besetzte, anrührende Komödie über Liebe und Träume im Alter vor, die trotz der konventionellen Melodramatik zu begeistern weiß. Auch Carnevale träumte übrigens sein Leben lang davon, eine Szene wie die von Anita und Marcello am Trevi-Brunnen zu drehen. So wird er natürlich Elsa ihren sehnlichsten Wunsch nicht verwehren und liefert seine ganz eigene Fassung der berühmten Szene.

Elsa und Fred, Spanien/Argentinien 2005. Regie: Marcos Carnevale. Darsteller: China Zorrilla, Manuel Alexandre u.a. Kinostart: 13. April.