»Ein Recht auf Blasphemie«

Linke Kölner Gruppe bekommt Ärger wegen islamkritischem Bild Von Patrick Hagen

Das Bild ging 1992 durch die Weltpresse: Ein Mann in Deutschland-Trikot und uringetränkter Jogginghose steht mit zum Hitlergruß erhobenem rechten Arm vor dem brennenden Asylbewerberheim in Rostock-Lichtenhagen. Dieses Foto, mit einem aufgemalten Bart und dem Schriftzug Mohammed versehen, hat einer linken Kölner Initiative, der Georg-Weerth-Gesellschaft (GWG), nun massiven Ärger mit den Behörden beschert. Auf ihrer Homepage hatte die GWG neben den Mohammed-Karikaturen aus der dänischen Zeitung Jyllands-Posten besagtes Bild veröffentlicht und als Foto Mohammeds »beim Morgengebet nach einer durchzechten Nacht in Mekkas Clubszene« bezeichnet.

Mit dem verfremdeten Foto wollte die GWG nach eigener Aussage auf die islamistischen Demonstrationen in London von Anfang Februar reagieren. Dort hatten radikale MuslimInnen mit Parolen wie »Europe you will pay - 9/11 is on its way« und »Köpft jeden, der den Islam beleidigt« gegen die Mohammed-Karikaturen demonstriert.

Der Webmaster der GWG, Jens M., hat nun eine Vorladung der Kölner Polizei erhalten. Ihm wird vorgeworfen, gegen Paragraf 166 des Strafgesetzbuches verstoßen zu haben, der die »Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen« unter Strafe stellt, sofern der »öffentliche Frieden« dadurch gestört werden kann. Nach Aussagen von Gruppenmitgliedern ist bereits ein Gerichtsverfahren eingeleitet worden. Die Kölner Staatsanwaltschaft bestreitet das allerdings.

Seit der Veröffentlichung des Bildes interessieren sich überraschend viele Behörden für die kleine Kölner Gruppe. Den Anfang machte die Staatsschutzabteilung der Kölner Polizei. Ein Beamter warnte Jens M., er befinde sich in Lebensgefahr, und versuchte ihn zu überreden, das Bild aus dem Netz zu nehmen.

Als die Gruppe das ablehnte, schaltete sich die Bezirksregierung Düsseldorf ein. Dort ist man für Verstöße gegen das Teledienstgesetz in ganz Nordrhein-Westfalen zuständig. »Durch die grobe Verunglimpfung einer anderen Religion sahen wir uns zum Handeln genötigt«, erklärt die zuständige Dezernentin Karin Brink. Dabei habe auch der zeitliche Zusammenhang zu dem Karikaturenstreit eine Rolle gespielt. »Das wurde schon in die Abwägung einbezogen«, sagt Brink. Jens M. hätte ein Zwangsgeld von bis zu 20000 Euro gedroht. Allerdings hatte die GWG das Bild bereits aus dem Netz genommen, um eine Sperrung der Seite durch ihren Provider zu verhindern. Für die Bezirksregierung war der Fall damit laut Brink erledigt.

Die GWG, die sich in der Tradition von Namensgeber Georg Weerth und Heinrich Heine sieht, fühlt sich durch die Behörden in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt und fordert ein »Recht auf Blasphemie« - »eine der größten Errungenschaften der Aufklärung«, so Mitglied Jan Huiskens.