Die andere WM

Im August und September findet in Deutschland die Fußballweltmeisterschaft der Menschen mit Behinderung statt. Von Volker Elste

Der Countdown läuft: Noch 75 Tage, dann beginnt mit dem Spiel Deutschland gegen Costa Rica in der Münchner Allianz-Arena die Weltmeisterschaft des Fußballweltverbandes FIFA. Bis dahin wird weiterhin in aller Ausführlichkeit über die »Schmach von Florenz«, die Torhüterfrage und jede Empfindlichkeit im Team von Bundestrainer Jürgen Klinsmann diskutiert und gestritten werden. Dass am 27. August in Köln unter dem Motto »Geballte Leidenschaft« mit der Weltmeisterschaft der Menschen mit Behinderung ein zweites Fußballgroßereignis in Deutschland offiziell eröffnet wird, geht beinahe komplett unter.

Für Andreas Timm, den Kapitän der deutschen Behinderten-Nationalmannschaft, hat dieses Ereignis einen sehr hohen Stellenwert: »Wenn die normale WM beginnt, konzentriere ich mich auf meine eigene Weltmeisterschaft.« Der 31-jährige Essener, der in der Gärtnerei eines Caritas-Verbandes arbeitet, ist neben Guido Skorna und Ahmet Demir der einzige Spieler des Teams mit Verbandsligaerfahrung. Die Nationalmannschaft bewegt sich nach Einschätzung von Cheftrainer Willi Breuer auf oberem Kreis- und unterem Bezirksliganiveau.

Ausgerichtet wird die Behinderten-Weltmeisterschaft von der »International Sports Federation for Persons with Intellectual Disability« (INAS-FID). Zurzeit gehören dem Verband, der 1986 gegründet wurde, Organisationen aus 87 Ländern an. Die INAS-FID stuft alle Menschen als geistig behindert ein, die einen Intelligenzquotienten von unter 75 haben. Zudem müssen laut Regelwerk »Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags nachgewiesen werden.« Die WM in Deutschland ist nach den Turnieren in den Niederlanden (1994), in England (1998) und Japan (2002) der vierte weltweite Vergleich. In kontinentalen Ausscheidungsrunden qualifizierten sich unter anderem Polen, Österreich, Ungarn, Mexiko und Saudi-Arabien. Automatisch gesetzt sind das Gastgeberland, das in Japan den vierten Rang belegte, und Titelverteidiger England. Bislang stehen jedoch nur die Termine und Orte der Spiele fest. Erst nach der Gruppenauslosung Ende April in Berlin werden die Mannschaften hinzukommen. Die OrganisatorInnen hoffen auf einen durchschnittlichen Besuch von 1000 bis 2000 ZuschauerInnen.

Begleitet wird die WM von einer Kampagne, die das öffentliche Interesse an der Weltmeisterschaft verstärken, Sympathie für Menschen mit Behinderungen erzeugen und deren Integration fördern soll. So hat das Organisationskomitee unter anderem einen Wettbewerb unter der Schirmherrschaft des ehemaligen Bundesligaprofis und und

Teamchefs der Nationalmannschaft Rudi Völler angestoßen. SchülerInnen von der dritten bis zur sechsten Klasse werden aufgerufen, integrative Ideen rund um das Thema Fußball einzureichen. Als Preis winkt unter anderem die Teilnahme an der offiziellen Eröffnungsfeier in der Kölnarena, zu der rund 15000 Menschen erwartet werden.

Auch der nordrhein-westfälische Landtag will auf die besondere Weltmeisterschaft aufmerksam machen. Wer im Landtag anruft, hört als Pausenmusik den offiziellen Song der WM. Um die Musik richtig einordnen zu können, wird er durch die Ansage »Sie hören den Song zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 der Menschen mit Behinderungen« angekündigt.

Weitere Informationen zur Weltmeisterschaft der Menschen mit Behinderung finden sich unter www.inas-fid-wm2006.de.