Einsamer Whisky

Über das Gefangensein in der eigenen Gewohnheit Von Raphaela Häuser

»Whisky« sagen Jacobo und Marta und zeigen lächelnd Zähne für ihr falsches Hochzeitsfoto. Jacobo, einsamer Besitzer einer winzigen heruntergekommenen Sockenfabrik in Montevideo, bittet seine langjährige Angestellte Marta, für ein paar Tage seine Ehefrau zu spielen. Beim Besuch seines entfremdeten Bruders Herman, seinerseits erfolgreicher Sockenfabrikant in Brasilien, möchte er sein Leben anders präsentieren als es in Wirklichkeit ist.

Was die Regisseure Juan Pablo Rebella und Pablo Stoll hier präsentieren ist aber keineswegs die ewig gleiche Beziehungskomödie, sondern ein eindringliches Psychogramm, das einen düsteren, verstaubten Mikrokosmos peinlich genau einfängt.

Der verschlossene Jacobo ist gefangen in den Ritualen seines eintönigen Alltags. Jeden Morgen besucht er das gleiche Café, jeden Morgen wartet vor dem Tor der Fabrik Marta, jeden Morgen bereitet sie den Tee zu, während er die Maschinen anlässt. Ohne viele Worte, nur mit den wenigen ewig gleichen Floskeln, verstehen sich die beiden. Und obwohl sie wie ein vertrautes Paar erscheinen, sind sie einander fremd - und werden es auch bleiben.

In diese Routine bricht der Besuch des Bruders hinein und scheint zumindest anfangs alles bisher Eingeübte in Frage zu stellen. Ein gemeinsames Wochenende am Meer bietet dem entfremdeten Trio die Möglichkeit, die Distanz zu überwinden und aus dem Alltagstrott auszubrechen. Jacobo, Marta und Herman zeigen jedoch, dass man auch zu dritt einsam bleiben kann. Lediglich Marta blüht ein wenig auf, wenn sie mit dem jovialen Herman plaudert. Aber Jacobo kann nicht aus seiner Haut und sträubt sich gegen jede Veränderung…

Die statische Kamera ohne Schwenks, Zooms oder Fahrten ebenso wie die langen Einstellungen spiegeln die Unbeweglichkeit der ProtagonistInnen wieder. So bleiben auch die Dialoge der wortkargen Drei spärlich und lassen den ZuschauerInnen ihre Aufmerksamkeit für die kleinen Gesten und Blicke, die mehr sagen als viele Worte. Ein trauriger und sensibler Film über das Gefangensein in der eigenen Gewohnheit und über die Einsamkeit.

Whisky. Uruguay 2004. Regie: Juan Pablo Rebella, Pablo Stoll. DarstellerInnen: Andrés Pazos, Mirella Pascual, Jorge Bolani. Kinostart: 5. Mai 2005.