»Großer« Makedone im Kino

Oliver Stone verbindet in Alexander den für das Kino wieder entdeckten Historienschinken mit dem Heldenmythos. Herausgekommen ist ein dreistündiges Epos. Von Volker Elste

Den Anfang machte der Gladiator. Es folgte Troja, und jetzt ist es Alexander. Der Historienschinken ist in die Kinos zurückgekommen. Auch King Arthur lässt sich dazuzählen, obwohl der Film nicht, wie die anderen, in der »klassischen« Antike spielt, sondern am Übergang von Spätantike und Mittelalter. Dass sich Oliver Stone mit Alexander diesem Trend anschloss, ist nicht verwunderlich. In vielen seiner bisherigen Filme stehen Heldenmythen im Mittelpunkt, und für diesen Aspekt bietet gerade die Antike jede Menge Material.

Ein Heldenmythos: Genau das ist die Stone-Verfilmung des Alexander-Stoffes. »Große Männer machen große Geschichte«, könnte man den Film kurz zusammenfassen, wäre da nicht eine Besonderheit, die den Film bemerkenswert macht - zumindest nach Hollywoodmaßstäben: Stones Held ist bisexuell und unterscheidet Colin Farrell als Alexander etwa von Ben Hur, in den Fünfzigerjahren gespielt von Charlton Heston. Ursprünglich, meldete sich Gore Vidal, Drehbuchautor von Ben Hur, nach der Premiere von Stones Film zu Wort, habe er die Hauptfigur ebenfalls bisexuell angelegt. Dies sei jedoch damals nicht durchsetzbar gewesen.

Durch Alexanders Bisexualität rückt eine Person in den Mittelpunkt des Films, die andernfalls nur am Rande eine Rolle gespielt hätte: Alexanders große Liebe gilt Hephaistion, gespielt von Jared Leto, auch wenn er im Verlauf des Eroberungszuges nach Indien eine unbedeutende persische Prinzessin heiratet. Der »große« Makedone folgt seinem Liebhaber am Ende des Films dann auch in den Tod nach - wie bereits zu Beginn versprochen.

Abgesehen von der Liebe des Protagonisten zu einem anderen Mann bietet Alexander jedoch nicht viel Bemerkenswertes. Dass das riesige Reich ausschließlich von Alexander zusammengehalten wurde, davon weiß Anthony Hopkins in der Rolle des alten Ptolemaios zu berichten, aus dessen Sicht die Geschichte im Rückblick erzählt wird. Schließlich sei das Reich Alexanders unmittelbar nach dessen Tod in Babylon auseinander gebrochen und unter seinen Heerführern, unter anderem ihm, aufgeteilt worden. Ebenfalls unspektakulär erzählt ist das Durchsetzen des heranwachsenden Alexander gegenüber seinem Vater Philipp, dargestellt von Val Kilmer. Dafür darf er später Philipps Traum von der Eroberung der Welt umsetzen. Dazu kommt Angelina Jolie als Übermutter Olympia, für die Alexander einerseits Hass, andererseits Bewunderung empfindet. Im Verlauf des Zuges nach Indien gibt es außerdem zahlreiche Schlachten, die, wie beispielsweise jene von Gaugamela, Alexander alle gewinnt. Und unter seinen Heerführern herrschen natürlich Verrat und Zwietracht.

Anthony Hopkins als Ptolemaios und Jared Leto in der Rolle des Hephaistion sind zwei Gründe, sich Alexander anzusehen. Beide stechen die von den KritikerInnen hoch gelobten Colin Farrell und Angelina Jolie problemlos aus. Zwei gute Darsteller reichen allerdings nicht aus, um einen Film sehenswert zu machen, der außer einer bisexuellen Hauptfigur nur jede Menge klassischer Elemente des Historienschinkens zu bieten hat. Zumal er mit einer Dauer von fast drei Stunden um mindestens sechzig Minuten zu lang geraten ist.

Alexander. Großbritannien/Deutschland 2004. Regie: Oliver Stone. DarstellerInnen: Colin Farrell, Angelina Jolie, Anthony Hopkins, Jared Leto u.a. Verleih: Constantin. Bereits angelaufen.