JüdInnen unerwünscht

Innenminister Schily will Zuwanderung von russischen Jüdinnen und Juden begrenzen. Zentralrat der Juden an den Planungen nicht beteiligt. Von Raphaela Häuser

»Wir werden unserer historischen Verantwortung nach wie vor gerecht«, weist Innenminister Otto Schily (SPD) die Kritik an der geplanten Zuwanderungsbegrenzung für Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion zurück. Mit dem Inkrafttreten des neuen Zuwanderungsgesetzes wird die Kontingentregelung für jüdische MigrantInnen aus dem Jahr 1991 ihre Gültigkeit verlieren. Willkommener Anlass für die Bundesrepublik, den Zuzug von Jüdinnen und Juden, der ursprünglich als »Wiedergutmachung« ermöglicht wurde, nach den Kriterien ökonomischer Rentabilität neu zu gestalten.

Nach der bisher geltenden Kontingentflüchtlingsregelung erhalten jüdische MigrantInnen aus der ehemaligen Sowjetunion eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis einschließlich Arbeitserlaubnis, ohne dass sie ein Asylverfahren durchlaufen müssen. Sozialhilferechtlich sind sie Deutschen gleichgestellt.

Das soll sich nun ändern. Geht es nach dem Willen des Innenministers, so werden künftig nur noch jüdische Flüchtlinge aufgenommen, die ausreichende Deutschkenntnisse sowie die Einladung einer jüdischen Gemeinde in Deutschland vorweisen können, das 45. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und zudem glaubhaft machen können, dass sie nicht dauerhaft auf Sozialhilfe angewiesen sein werden - sprich: für den deutschen Arbeitsmarkt verwertbar sind.

Begründet wird dies mit der Tatsache, dass von rund 190000 Jüdinnen und Juden, die seit 1991 in die Bundesrepublik emigriert sind, nur 80000 Aufnahme in eine jüdische Gemeinde fanden und die MigrantInnen trotz exzellenter Berufsausbildung meist schlecht auf dem bundesdeutschen Arbeitsmarkt Fuß fassen, da ihre Abschlüsse hier nicht anerkannt werden. Mangelnde Sprachkenntnisse werden als Ursache des Integrationsproblems angesehen - ein Vorwurf, der zum Beispiel auf so genannte SpätaussiedlerInnen, die bei ihrer Einreise keine Sprachkenntnisse, sondern lediglich eine »deutsche Blutlinie« nachweisen müssen, keine Anwendung findet.

Bei der Durchsetzung der Neuregelungen argumentiert man mit der Zustimmung Israels, die sich jedoch weniger auf die Motivation für die neuen Kriterien als auf deren Konsequenz - die Zuwanderungsbegrenzung - beziehen dürfte: Israel stand der Einwanderung von Jüdinnen und Juden nach Deutschland schon immer ablehnend gegenüber. Vorrangiges Ziel ist es, zu einer Migration nach Israel zu ermutigen.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland lehnt die Begrenzung der Zuwanderung ab. Dessen Präsident Paul Spiegel kritisierte zudem, es werde mit falschen Zahlen argumentiert, die eine Masseneinwanderung suggerierten.

Schärfere Worte fand der Generalsekretär des Zentralrats Stefan Kramer, der monierte, dass man erst im laufenden Verfahren an der Debatte beteiligt worden sei. Der Zentralrat der Juden sei bei der Neuregelung »eindeutig Beteiligter und nicht ein Beobachter am Straßenrand«. Die nun bekannt gewordenen Planungen zur Reform der Zuwanderung bezeichnete er als »Wundertüte mit vielen neuen Regelungen«.