Konjunkturen des Rassismus: Profunde Analysen

Von Volker Elste

»Zwischen der Union und dem rechten Rand darf für keine Partei Platz sein.« In den letzten Wochen wurde dieser Franz-Josef Strauß zugeschriebene Satz in den Medien im Zusammenhang mit den antisemitischen Äußerungen des CDU-Bundestagsmitgliedes Martin Hohmann immer wieder aufgegriffen. Auch Alex Demirovic und Manuela Bojadzijev thematisieren das Zitat in dem von ihnen herausgegebenen Buch Konjunkturen des Rassismus. Sie kritisieren, eine Partei, die dieses Ziel verfolge, nehme automatisch rechte Inhalte an - und zwar ohne sich diese Tatsache eingestehen zu können.

Die meisten Beiträge dieses Buches gehen auf die Tagung Rechtspopulismus und die Wirkungen der kritischen Rassismusforschung zurück, die im April 2001 in Frankfurt am Main stattgefunden hat. Die zentrale Thesen von Demirovic und Bojadzijev ist, dass Rassismus weder am Rand noch in der Mitte, sondern in »breiten Bereichen der Gesellschaft« ensteht. Daher müsse auch von unterschiedlichen Formen von Rassismus ausgegangen werden. Die AutorInnen behandeln die Themen Rechtspopulismus, Rassismus und Antirassismus.

Als zentrale Beispiele für den Bereich Rechtspopulismus dienen Österreich und Italien. So beschreiben etwa Martin Reisigl und Ruth Wodak die Debatte um den von der österreichischen Regierung eingeforderten »nationalen Schulterschluss«. Dieser sollte sich gegen die von der Europäischen Union gegen Österreich verhängten Sanktionsmaßnahmen richten, nachdem die Österreichische Volkspartei (ÖVP) im Februar 2000 eine Koalition mit der rechtsextremen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) unter ihrem damaligen Vorsitzenden Jörg Haider eingegangen war. Reisigl und Wodak bleiben jedoch nicht bei der reinen Darstellung der Ereignisse stehen, sondern integrieren das strategische Vorgehen und die Zielsetzung der beiden Regierungsparteien, sowie diskurstheoretische Ansätze.

Diese Verbindung von konkreten Beispielen und theoretischen Hintergründen ist eine große Stärke des Buches. Als Beispiel lässt sich der Beitrag von Serhat Karakayali und Vassilis Tsianos Migrationsregimes in der Bundesrepublik Deutschland. Zum Verhältnis von Staatlichkeit und Rassismus anführen. Die LeserInnen erhalten auf der einen Seite einen Überblick über die staatlichen Politiken gegenüber MigrantInnen, auf der anderen Seite eine Analyse der Ursachen ihres Wandels. Die AutorInnen verknüpfen die Krise des Fordismus mit der Krise des GastarbeiterInnensystems und thematisieren das postfordistische Migrationsregime.

Mit Konjunkturen des Rassismus liegt ein Buch vor, das gerade durch seine Vielschichtigkeit überzeugt. Es zeigt, dass Rassismus tief in der Gesellschaft verankert ist und sich nicht auf rechtsextreme oder rechtspopulistische Parteien reduzieren lässt. Allein dieser Aspekt macht das Buch absolut lesenswert.

Alex Demirovic, Manuela Bojadzijev (Hg.): Konjunkturen des Rassismus, Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2002, 24,80 Euro.