Wohin gehört die Welt?

Stadt und Bauwagenplatz hatten sich bereits geeinigt. Jetzt will die Stadt nicht mehr Von Patrick Gomolka

Die Verträge waren schon unterschriftsreif. Die Stadt Köln bot den BewohnerInnen des Bauwagenplatzes »Wem gehört die Welt?« an der Krefelder Straße einen neuen Platz unter der Hochbahn zwischen Nippes und Niehl an. Nach Ansicht des Bauwagenplatzes zwar kein Traumgelände, aber als Kompromiss doch passabel. Der Umzug sollte am 31. Oktober stattfinden. Doch kurz zuvor machte die Stadt einen Rückzieher. Der ausgehandelte Vertrag soll nun für einen anderen Geländeabschnitt gelten.

Die Stadt begründet den Rückzug ihrer Zusagen mit der Rücksichtnahme auf eine rechtslastige BürgerInneninitiative, die ihre Lebensqualität schon durch ihre nichtdeutschen NachbarInnen eingeschränkt sieht, sowie mit der vermeintlichen Wertminderung der gegenüber geplanten Wohnungen des städtischen Bauunternehmens Corpus. Es drängt sich freilich die Frage auf, ob nicht die beabsichtigte Verlängerung des Gürtels von Nippes bis zur Mülheimer Brücke mehr Einfluss auf den Marktwert der Corpuswohnungen hat als ein Wohnprojekt auf Rädern.

Noch ist unklar, ob die BewohnerInnen des Bauwagenplatzes das geänderte Angebot annehmen werden. »Stellen Sie sich vor, sie haben alle Details eines Waschmaschinenverkaufes vereinbart, und der Händler liefert schließlich eine Spülmaschine«, kommentiert ein Bauwagenplatz-Bewohner die Politik der Stadt. Und eine Bewohnerin kritisiert: »Das von der Stadt vorgeschlagene Gelände ist durch seine Lage an der niedrigsten Stelle der Hochbahn und durch seine geringe Breite, die kaum eine Durchfahrt ermöglicht, denkbar ungeeignet.« Doch es bleibt wenig Zeit. Die Stadt unterbreitete ihr Angebot mit dem freundlichen Hinweis, die Räumung des Platzes würde eingeleitet, werde der Vertrag nicht unmittelbar unterzeichnet.

Zurzeit leben auf dem Bauwagenplatz an der Krefelder Straße etwa dreißig Menschen in Bau-, Zirkus- oder Lastkraftwagen und teilen sich Internet-, Bade- und verschiedene Küchenwagen. Gleichzeitig ist der Platz der einzig größere, unkommerzielle Veranstaltungsort in Köln. »PlatzbewohnerInnen oder andere Gruppen und Einzelpersonen organisieren gut besuchte Partys, Konzerte und Filmvorführungen. Vorschläge kann jeder auf dem sonntäglichen Plenum machen«, so eine Bauwäglerin.

Seit beinahe zehn Jahren gibt es den Bauwagenplatz in Köln. 1994 ließ die Stadt den ersten Platz in Raderthal noch brutal räumen. Nach zahlreichen Folge-Besetzungen vermietete die Stadt den BewohnerInnen schließlich das Gelände an der Krefelder Straße. Um die leeren Stadtkassen zu füllen, wurde dieses Grundstück nun an einen Investor verkauft.