Die Botinnen der Freiheit

Bildergeschichten Teil VIII: Wie am Nationalfeiertag der ProtestantInnen irische RebellInnen deutsche Waffen nach Dublin schmuggeln. Von Beate Schulz

Eine der beiden Frauen auf dem Bild, Mary Spring-Rice, die dem anglo-irischen Hochadel angehört, wird in wenigen Tagen im roten Rock im Hafen von Howth bei Dublin als »Botin der Freiheit« begrüßt werden. Die andere, Molly Childers, ist die Frau des Besitzers der Jacht Asgard, und wird die nächsten Stunden damit zubringen, ihren Mann und die völlig erschöpfte Mannschaft der Asgard auf ihren Posten zu füttern und die Ladung des Schiffes umzustapeln, damit es nicht in einem Sturm untergeht.

Die Ladung des Schiffes auf dem Bild besteht aus 900 Gewehren und mehreren tausend Schuss Munition. Am 12. Juli 1914, dem Nationalfeiertag der anglo-irischen ProtestantInnen, wird die Asgard von einem Schlepper aus dem Hamburger Hafen gezogen. Die Waffen sind Bestandteil der ersten Lieferung an die Irish Volunteers, die katholischen NationalistInnen, und werden später im Osteraufstand 1916 in Dublin eingesetzt. Ihre Einfuhr erfolgt als Reaktion auf eine deutlich umfangreichere Lieferung an die protestantischen OrangistInnen im April des gleichen Jahres. Diese Lieferung war ein Signal der LoyalistInnen an die britische Regierung, dass sie ihre Loyalität zur Not auch mit bewaffnetem Widerstand gegen die Krone beweisen werden, wenn sie versuchen sollte, ihnen Home Rule aufzuzwingen.

Bei Home Rule handelte es sich um eine Gesetzesvorlage, die Irland ein geringes Maß an Selbstverwaltung von einem Parlament in Dublin, und nicht wie bisher von Westminster aus, zugestanden hätte und die die OrangistInnen um jeden Preis verhindern wollten. Während deren Waffen mit stillschweigender Duldung der britischen Regierung an Land gebracht wurden, kam es bei der Landung der irischen Waffen zu Auseinandersetzungen mit Regierungstruppen. Die Soldaten konnten allerdings überlistet und die Waffen in Taxis in Sicherheit gebracht werden. Auf dem Rückweg in die Kaserne wurden die Soldaten jedoch von einer Menge DemonstrantInnen begleitet. Beim Massaker am Bachelor's Walk feuerten die Soldaten in die Menge und töteten vier PassantInnen. Die Anlandung der Waffen in Howth war so ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zum Osteraufstand.

Der Eigner der Jacht, Erskine Childers, entging 1914 einer Verhaftung. Er wurde allerdings wenige Jahre später im irischen Bürgerkrieg hingerichtet, während sein Sohn einige Jahre später Präsident der irischen Republik werden sollte, für deren Errichtung sein Vater Waffen geschmuggelt hatte.