Raum-Musik: Kino für die Ohren

Der frankokanadische Komponist Francis Dhomont gibt am 18. Juli dieses Jahres ein Konzert im Musiksaal der Universität. Er beschäftigt sich seit den Vierzigerjahren mit Elektronischer Musik. Der Eintritt ist frei. Von Vanessa von Gliszczynski

Seit dem Wintersemester 1997 veranstaltet das Musikwissenschaftliche Institut der Universität Köln - genauer der Lehrstuhl für Musik der Gegenwart - im Rahmen der Reihe Raum-Musik regelmäßig elektro-akustische Konzerte. Namhafte Komponisten wie Karlheinz Stockhausen, György Ligeti oder Henri Pousseur waren im Rahmen dieser Reihe bereits zu Gast in Köln. Parallel läuft am Musikwissenschaftlichen Institut seit dem Sommersemester 1997 auch der Veranstaltungszyklus Komposition und Musikwissenschaft im Dialog bei dem KomponistInnen in Vorträgen und Diskussionen Einblick in ihr Schaffen geben. Am 18. Juli tritt nun der frankokanadische Komponist Francis Dhomont auf.

Bei der elektro-akustischen Musik handelt es sich um so genannte Lautsprechermusik. Es treten keine oder nur wenige InstrumentalistInnen auf. Vielmehr sitzt das Publikum in der Mitte einer Lautsprecherkonstellation und verfolgt so multidimensionale, mehrkanalige Klangbewegungen. Im Musiksaal der Kölner Universität können bis zu acht Lautsprecher einzeln angesteuert werden.

In der elektro-akustischen Musik gibt es zwei wichtige Strömungen: die Musique Concrète und die Elektronische Musik. Die Musique Concrète entstand Ende der Vierzigerjahre in Frankreich. 1948 kam der Komponist Pierre Schaeffer auf die Idee, Musik zu komponieren, die man nur über Lautsprecher hören konnte. Eine Musik der unsichtbaren Klänge, in der sich die Vielfalt der Hörwelt zum Ausdruck bringen sollte. Für den 1995 verstorbenen Schaeffer waren alle Klänge - außer künstlich erzeugten - Material für seine Kompositionen. Diese Klänge verfremdete er im Rahmen der technischen Möglichkeiten. Sein Ziel war es, bei den HörerInnen Assoziationen hervorzurufen und so Hörfilme zu erschaffen.

Später entwickelte der Franzose François Bayle auf der Basis der Musique Concrète die Musique Acousmatique, die akusmatische Musik. Das Wort akusmatisch geht auf den griechischen Mathematiker und Philosophen Pythagoras zurück und bezeichnet im Zusammenhang mit Musik einen Klang der zwar gehört wird, dessen Quelle aber nicht gesehen werden kann. Bayle benutzt neben verfremdeten Klängen auch künstlich erzeugte.

Parallel zur Musique Concrète entwickelte sich im Köln der Fünfzigerjahre die Elektronische Musik: Eine Musik, die nur aus synthetischen Klängen besteht. Karlheinz Stockhausen und Herbert Eimert sind ihre wichtigsten Vertreter. Da die Grenzen der Musique Concrète und der Elektronischen Musik immer mehr verschwimmen, fasst man sie als elektro-akustische Musik zusammen.

Ein weiterer Vertreter der Elektro-Akustik ist Francis Dhomont, der am 18. Juli 2003 ein Porträtkonzert im Musiksaal der Kölner Universität gibt. Er gehört zu den wenigen frankokanadischen Elektro-AkustikerInnen und ist in Europa nicht sehr bekannt. Neben seiner kompositorischen Tätigkeit verfasst Dhomont theoretische Schriften und lehrte bis 1996 elektro-akustische Komposition an der Universität Montreal. Der 77-Jährige entwickelte in den Vierzigerjahren eine Musik ähnlich der Musique Concrète, allerdings unabhängig von Schaeffer. Seitdem widmete sich der Frankokanadier ausschließlich der elektro-akustischen Musik. In den Sechzigerjahren kam er dann zur akusmatischen Musik, auf die er sich seitdem spezialisierte. Für seine Kompositionen erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. So gewann Dhomont fünf Mal den Bourges International Electroacoustic Music Competition.

Bei seinem Konzert in Köln wird Dhomont charakteristische Stücke seines bisherigen Schaffens vorführen, wie etwa Forêt profonde, ein akusmatisches Melodram, bei dem er von der Tiefenpsychologie inspiriert wurde. In diesem Werk verarbeitete er unter anderem Texte von Hans-Christian Andersen, Jakob und Wilhelm Grimm, Shakespeare und anderen bekannten AutorInnen. Außerdem hat er Robert Schumanns 13 Kinderszenen in diesem Werk musikalisch umgesetzt.

Sein Stück Chiaroscuro ist François Bayle gewidmet und stellt ein Spiel der Gegensätze dar. Daneben wird Dhomont am 18. Juli Vol d'arondes, Corps et âme und Phonurgie vorführen. Ein Besuch lohnt sich für Fans der Neuen Musik und alle, die allgemein Interesse an Kunst und Musik haben oder gerne einmal etwas Neues ausprobieren wollen.