»Hoffentlich keine weiteren Kürzungen«

Seit April 2003 ist Bernd Manuwald Dekan der Philosophischen Fakultät. Im Interview mit der philtrat äußert er sich zu finanziellen Kürzungen an den Hochschulen und zu den geplanten Reformmaßnahmen. Von Volker Elste

Im Februar 2003 wurde Bernd Manuwald, Professor für Klassische Philologie, als Nachfolger des Germanistikprofessors Walter Pape zum Dekan der Philosophischen Fakultät gewählt, seit April übt er sein Amt aus. Für die philtrat sprach Volker Elste mit ihm über die Zukunft der Hochschulen in Nordrhein-Westfalen und über so genannte Reformmaßnahmen wie Studienkonten und Modularisierung.

Im Jahr 2004 läuft im Rahmen des so genannten Qualitätspaktes die vom Land Nordrhein-Westfalen eingeräumte erste Stufe der Planungssicherheit für die Hochschulen des Landes aus. Befürchten Sie, dass es zu weiteren Einschnitten an den nordrhein-westfälischen Hochschulen kommen wird?

Ich möchte das Unglück nicht herbeireden. Ich hoffe, dass es nicht zu weiteren Kürzungen kommen wird, besonders nicht zu Lasten der Universität Köln. Die Neukonzeption der Lehramtsausbildung und der hiermit verbundene Wegfall der Lehrerausbildung in Bonn bedingt, dass die Zahl der Lehramtsstudenten in Köln steigen wird. In diesem Zusammenhang wäre es natürlich fatal, wenn uns weitere Ressourcen weggenommen würden. In diesen Kontext gehört auch die immer noch nicht geklärte Situation der abgeordneten Lehrer, also der Pädagogen mit Lehraufträgen an Hochschulen. Gerade im Bereich Fachdidaktik sind wir auf diese Stellen angewiesen.

Nach welchen Kriterien würden an der Philosophischen Fakultät Köln weitere Streichungen vorgenommen werden, falls es dazu kommt?

Ich kann hier allenfalls meine private Meinung äußern, da der gesamte Sachverhalt einer ausführlichen Diskussion in der Gesamtfakultät bedürfte. Generell kann ich sagen, dass ich als Vertreter eines so genannten Kleinen Faches alles tun würde, um die Fächervielfalt zu erhalten. Ich würde mich jetzt jedoch ungern auf einen eventuell 2004 oder später eintretenden Notfallplan festlegen wollen - abgesehen eben von der allgemeinen Tendenz, die Fächervielfalt erhalten zu wollen.

In der Öffentlichkeit wird von einer notwendigen Reform der Hochschulen gesprochen. Ein Aspekt, der in diesem Zusammenhang immer wieder angeführt wird, ist die Modularisierung. Wie beurteilen Sie diesen Aspekt?

Im Prinzip sehe ich die mit der Modularisierung geplanten Veränderungen - trotz der mit der Neuorganisation verbundenen Mehrarbeit für die Lehrenden - als positiv für die Studierenden an. Die Modularisierung bietet zunächst die Möglichkeit, von den einengenden Bestimmungen des vor einigen Jahren verordneten »Eckdatenerlasses« wegzukommen und wieder kleinteiligere Leistungsanforderungen zugrunde zu legen. Das heißt, man kann etwa wegkommen von vierstündigen Seminaren über zwei Semester mit einem großen Abschluss am Ende des zweiten Semesters. Vielmehr sollte am Ende jedes Semesters ein kleinerer Abschluss stehen.

Zudem würde die Modularisierung die Möglichkeit eröffnen, studienbegleitende Prüfungen einzuführen. Beispielsweise könnte die Zwischenprüfung als Abschluss dann wegfallen: Wenn gewisse Leistungen erbracht sind, gilt das Grundstudium als abgeschlossen. Entsprechendes wäre für das Hauptstudium möglich. Dies bedeutet nicht, dass generell auf Prüfungselemente verzichtet werden sollte. Eine deutliche Entzerrung des Studiums wäre jedoch möglich. So müsste zum Beispiel bei einem Studium von drei Fächern das Examen nicht in einem Prüfungstermin am Ende abgelegt werden. Weiterhin könnte die inhaltliche Zusammengehörigkeit stärker akzentuiert werden.

Ein weiterer Aspekt könnte die breitere Ausbildung der Studenten sein, die ja gerade für den Arbeitsmarkt von Bedeutung ist. Zertifizierbare Zusatzkenntnisse könnten unterhalb des Studiums eines Faches erworben werden. Sei es, dass man aus einem Fach einen Ausschnitt wählen kann, sei es, dass man etwas anbietet, was gar nicht als Fach existiert. Beispielsweise wäre ein Modul Museumspädagogik denkbar - Köln mit seinen zahlreichen Museen bietet sich hierfür ja besonders an. Dieses Modul wäre für Studenten der Kunstgeschichte interessant und würde deren Berufsaussichten verbessern.

Ziel dieser »Reformbestrebungen« ist unter anderem die Verkürzung der Studienzeit. Bleibt in diesem Zusammenhang überhaupt noch Zeit für die von Ihnen erwähnten Zusatzqualifikationen?

Die Regelstudienzeiten gelten ja nach wie vor und werden durch die Modularisierung nicht verändert. Das Studium wird durch eine Modularisierung durchschaubarer und ist besser zu organisieren. Ob dies dann zu kürzeren Studienzeiten führt, wird man sehen. Die Leistung der Hochschule muss es sein, klare und durchsichtige Studienverhältnisse anzubieten. Es bleibt dann dem Einzelnen überlassen, wie sehr er diese Möglichkeiten nutzt. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Verkürzung der Studienzeiten nur bedingt durch eine andere Studienorganisation zu erreichen ist. Dies heißt natürlich nicht, dass wir bei diesem Punkt die Hände in den Schoß legen sollten. Ich würde diesen ökonomischen Gedanken jedoch eher abkoppeln wollen.

Das Ministerium geht bei seinen Vorgaben von einer studentischen 40-Stunden-Woche aus. Ist dies nicht angesichts der sozialen Situation der StudentInnen unrealistisch?

Dies ist in der Tat ein großes Problem. Alle bisherigen Vorgaben gehen von der Bedingung aus, dass die Studierenden ihre ganze Arbeitszeit für das Studium zur Verfügung haben. Es ist absolut nicht möglich, die Regelstudienzeit auch nur annähernd einzuhalten, wenn man nicht Vollzeitstudent ist.

Das nun vom Ministerium verfügte Studienkontenmodell sieht ein Credit-Point-System vor, das die doppelte Regelstudienzeit zur Verfügung stellt. Dies würde ja in etwa einem Teilzeitstudium entsprechen. Ob das vollkommen ausreicht, vermag ich nicht zu beurteilen, aber es ist mit Sicherheit ein Schritt in die richtige Richtung, weil es der Möglichkeit eines Teilzeitstudiums entspricht.

Das für 2007 vorgesehene Studienkontenmodell sieht jedoch gleichzeitig vor, dass nur zirka das 1,25-fache Studienvolumen an Semesterwochenstunden zur Verfügung steht und danach für das Studium bezahlt werden muss. Bedeutet dies nicht, dass StudentInnen ausschließlich die vorgesehenen Leistungen erbringen können?

Im Moment ist nur das Gesetz da, und eine Arbeitsgruppe im Ministerium ist beauftragt, Ausführungsbestimmungen auszuarbeiten. Unsere Aktivitäten müssten sich darauf konzentrieren, dass die Ausführungsbestimmungen so günstig wie möglich gestaltet werden. Und zwar in der Form, dass (Zusatz)Qualifikationen, die unterhalb eines grundständigen Zweitstudiums angesiedelt sind, kostenlos sein müssen. Man kann nicht auf der einen Seite durch die Modularisierung größere Freiheiten schaffen, und diese Möglichkeiten auf der anderen Seite durch das Studienkontenmodell wieder einschränken.

Ist das von Ihnen angesprochene Teilzeitstudium nicht bereits mit der bisherigen Regelung möglich? Und dienen nicht auch die anderen Maßnahmen dieser so genannten Reform dazu, ein selbstbestimmtes Studium einzuschränken und StudentInnen möglichst schnell durch die Hochschulen zu schleusen?

Die Intentionen, die Sie nennen, sind, glaube ich, nicht die der Philosophischen Fakultät. In der Tat sehe ich in Bezug auf das Studienkontenmodell, wie gesagt, Entwicklungen, die den an sich positiven Möglichkeiten der Modularisierung widersprechen könnten. Unser Ziel an der Philosophischen Fakultät ist nicht die Einschränkung, sondern die Erweiterung der Möglichkeiten. In diesem Punkt könnte es durchaus zu Reibungen kommen.

Sind aber nicht unabhängig von den Intentionen an der Philosophischen Fakultät letztendlich die Zielsetzungen des Ministeriums, d.h. Einschränkung der Selbstbestimmtheit des Studiums und Verkürzung der Studienzeiten, entscheidend?

Wenn es dabei bleibt, dass man nach dem jetzt eingeführten Studienkontenmodell beim Credit-Point-System die doppelte Regelstudienzeit gebührenfrei ausnutzen darf (das wären z.B. bei einem Magisterstudium 18 Semester), so liegt diese Studiendauer deutlich über den in Köln an der Philosophischen Fakultät statistisch erfassbaren durchschnittlichen Abschlusszeiten. Und was die Selbstbestimmtheit des Studiums angeht, so wird sich die Fakultät im Rahmen ihrer Studienreformbestrebungen - wie auch bisher schon - bemühen, die auch durch die Modularisierung gegebenen Spielräume wahrzunehmen und einen sachgerechten Ausgleich zwischen Kerninhalten und -anforderungen, die in jedem Fach unverzichtbar sind, und freien Entfaltungsmöglichkeiten aufrechtzuerhalten bzw. zu schaffen.