He is not dead ...

... he just smells funny. Vor zehn Jahren erschien mit Yellow Shark die letzte Platte von Frank Zappa vor seinem Tod. Von Volker Elste

Frankfurt im Herbst 1992: In der Alten Oper wird Yellow Shark gegeben. Frank Zappa spielt mit dem Ensemble Modern unter Leitung von Peter Rundel in dem altehrwürdigsten Konzertsaal, den Frankfurt zu bieten hat: Ausgerechnet der Mann, der in den Sechziger- und Siebzigerjahren als »Bürgerschreck« verschrien war und dessen bekannteste Fotographie ihn auf der Toilette zeigt.

Für die meisten Gäste in der Alten Oper spielt allerdings die dargebotene Musik nur eine untergeordnete Rolle. Denn Frankfurt ist die wahrscheinlich letzte Möglichkeit, Zappa auf der Bühne sehen zu können. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass er unheilbar an Krebs erkrankt ist. Den Großteil des Konzertes bestreitet dann auch das Ensemble Modern ohne Zappa. Die raren Momente, in denen Zappa selbst auf der Bühne zu sehen ist, werden mit standing ovations gefeiert.

Begonnen hat alles Mitte der Sechzigerjahre. Erstmals treten die Mothers of Invention in Erscheinung. Der Name geht auf das Gründungsdatum der Gruppe zurück; den Abend des Muttertages 1964. Die erste Platte Freak Out erscheint 1966, gefolgt von Absolutely Free 1967. Die Erstbesetzung zerbricht schnell, einige Mothers werden jedoch auf späteren Zappa-Platten wieder auftauchen. Wie Don van Vliet alias Captain Beefheart als Sänger auf Bongo Fury (1975). Auf der Platte wird auf den »rapidly approaching 200th birthday of the United States of America« im folgenden Jahr Bezug genommen. Allerdings nicht ganz der offiziellen Sprachregel entsprechend. »She´s two hundred years old - so mean she couldn´t grow no lips«, wird die »alte Dame USA« in 200 Years Old charakterisiert.

Die Kritik Zappas an den gesellschaftlichen Verhältnissen in den USA findet ihren Abschluss und Höhepunkt erst auf Yellow Shark, wenn in Welcome to the United States das bei der Einreise in die USA auszufüllende Formular in einer Frage-Antwort-Situation wiedergegeben wird. Als der Einreisende die Frage nach seiner Vergangenheit im Nationalsozialismus mit »Yes« bestätigt, antwortet der Fragende mit »Thank you and welcome to the United States.«

Diese USA-kritische Haltung und Zappas Angriffe gegen die seiner Ansicht nach prüden Moralvorstellungen in den USA durchziehen sein gesamtes Werk Sie lassen das Bild des »Bürgerschrecks« entstehen und erklären die Distanz vieler US-AmerikanerInnen zu Zappa. So weigert sich 1977 Zappas damalige Plattenfirma Warner, Material für ein geplantes Album zu veröffentlichen. Sie begründet ihr Vorgehen unter anderem mit der sexuellen Anzüglichkeit der Stücke. Zappa gibt daraufhin einem kleinen Radiosender ein Interview, in dem er über den Rechtsstreit mit Warner berichtet. Die HörerInnen werden explizit aufgefordert, das Demotape aufzunehmen, das nach dem Interview abgespielt wird. Erst in den Neunzigerjahren erscheint das Material unter dem Titel Läther.

Zugleich stellen die Siebzigerjahre aber auch einen Bruch in der musikalischen Entwicklung Zappas dar. Auf den Platten der Sechzigerjahre waren Jazz-Elemente oder »klassische« Anleihen eher rar, während sie seitdem zu einem »eigenen« Musikstil verschmelzen, der sich in keines der gängigen Richtungsschemata einpassen lässt. Versatzstücke aus Rock oder Pop werden mit Strawinsky oder Radetzky kombiniert, um diesen dann Jazz- oder Reggaeelemente beizufügen. Am deutlichsten tritt dieser Stil wahrscheinlich auf Make a Jazz Noise Here (1991) auf. Alte Stücke von Zappa, wie zum Beispiel Stinkfoot oder Big Swifty, lassen sich daher mit den ursprünglichen Aufnahmen eigentlich nicht mehr vergleichen. In Theme From The Bartok Piano Concerto #3 hingegen wird ein klassisches Stück de facto zu einem Jazzstück umgestaltet, ohne ganz auf seine ursprünglichen Elemente zu verzichten. Die treffende Charakterisierung für Make a Jazz Noise Here stammt von Zappa selbst. »Jazz is not dead - it just smells funny.«

Allein diese Platte wäre Grund genug, um sich dem ehemaligen Zappa-Gitaristen Warren Cuccurullo anzuschließen, der nach dessen Tod eine Hommage mit dem Titel thn.ks 2:/ Frn.k veröffentlichte. Als ein »außergewöhnliches Ereignis der zeitgenössischen Musik« hat der Sponsor des Frankfurter Konzertes, das Siemens-Kulturprogramm, Yellow Shark bezeichnet. Die Alte Oper war angemessen.