Rassistischer Ausnahmezustand

Kölner Polizei setzte mit Gewalt Aufmarsch Rechtsextremer durch Von Torben Strausdat

Am 15. März 2003 war es mal wieder so weit. Die rechtsextreme Gruppierung Pro Köln versuchte zum wiederholten Male durch Kölner Stadtteile zu marschieren. Doch sowohl in Chorweiler wie auch in Mülheim trat ihnen dabei der entschiedene Widerstand von AntifaschistInnen und AnwohnerInnen entgegen. So musste die Hetzparade gegen den Neubau von Moscheen schon nach wenigen Metern abgebrochen werden. Auch am Nachmittag in Mülheim konnte der Aufmarsch nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Nach einer stundenlangen Kundgebung an einer unbelebten Ecke zwischen Wiener Platz und Stadthalle mussten die etwa hundert Rechtsextremen schnell vor dem Unwillen der GegendemonstrantInnen zur abreisenden Bahn eilen. Was der Auftakt für den Kommunalwahlkampf werden sollte, wurde zu einer eindrucksvollen Demonstration vor allem der AnwohnerInnen gegen populistische Ressentiments.

Gar nicht rühmlich verhielt sich im Gegensatz dazu die eingesetzte Polizei. Zirka 1600 BeamtInnen aus ganz Nordrhein-Westfalen und vom Bundesgrenzschutz waren in Köln zusammengezogen worden. Für die GegendemonstrantInnen endete der Tag schließlich mit über dreihundert Fest- und Gewahrsamnahmen. Der größte Teil von ihnen wurde in ein Gefangenensammellager in die Polizeikaserne nach Brühl gebracht, das aus mehreren Käfigen innerhalb einer Halle bestand. Hier gab es stundenlang nichts zu essen oder zu trinken, Personalien wurden aufgenommen und Fotos gemacht.

Dem waren teilweise Platzverweise für ganze Stadtviertel vorausgegangen, die mehrheitlich nach rassistischen Kriterien gegen türkisch aussehende Menschen verhängt wurden. Auch AnwohnerInnen waren von Aussperrungen betroffen und durften ihre Wohnungen für längere Zeit nicht betreten. Nach ZeugenInnenaussagen fielen von PolizistInnen Sätze wie: »Du bist Iraker? Da werfen wir morgen ja hoffentlich Bomben!« Auch Jugendliche, die zur nicht verbotenen Gegenkundgebung in Chorweiler wollten, wurden von der Polizei an ihrem Demonstrationsrecht gehindert und zum Teil als »Kanaken« beschimpft. Es gab etliche Verletzte durch den Einsatz von Schlagstöcken und Reizgas. Insgesamt ist das Vorgehen der Polizei an diesem Tag als brutal und menschenverachtend zu bezeichnen.

Ein solcher Gewaltexzess von Seiten der Polizei sollte eigentlich in Köln nicht mehr vorkommen. Als letztes Jahr Stefan Neisius an den Folgen brutaler Misshandlungen in der Wache Eigelstein starb, versprach die Polizeiführung, sie werde gegen unverhältnismäßige Gewaltanwendung vorgehen. Doch schon kurze Zeit später, als ein Gutachten den Tod des Opfers mit seinem Konsum von Haschisch zu begründen versuchte, begann die Kölner Polizei eine Kampagne zur Reinwaschung ihrer BeamtInnen. Die Staatsanwaltschaft Köln hat diese Bewertung nicht übernommen und vor kurzem Anklage gegen die betroffenen Polizisten wegen Körperverletzung mit Todesfolge erhoben.