Gebühren verfassungswidrig?

Ein Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass die Gebührenpläne für Nordrhein-Westfalen verfassungswidrig sind. Jetzt werden Klagen vorbereitet. Von Patrick Hagen

Ein vom AStA der Universität Münster in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten hält die von der nordrhein-westfälischen Landesregierung geplanten Studiengebühren für verfassungswidrig. Der Autor des 28-seitigen Gutachtens, Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler, hält vor allem die Frage des Vertrauensschutzes für entscheidend. Bereits eingeschriebene StudentInnen hätten zum Zeitpunkt ihrer Immatrikulation darauf vertrauen können, dass die grundsätzlichen Rahmenbedingungen ihres Studiums berechenbar blieben. »Müsste dieses Vertrauen der Studierenden nicht den Vorrang haben gegenüber dem Interesse des Landes, durch die Studiengebühren Einnahmen zu erzielen« fragt Achelpöhler und bejaht dies. Bei einer Umsetzung der Gebührenpläne müssten zumindest großzügige Übergangsregelungen geschaffen werden.

Eine Klage hält Achelpöhler durchaus für erfolgversprechend und verweist auf ein Urteil des bayrischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. März 2001 zur Einführung von Zweitstudiumsgebühren in Bayern. Das Gericht gab damals einem Studenten recht, der sein Zweitstudium vor der Einführung der Gebühren begonnen hatte, und urteilte, dass aufgrund dieser Verletzung des Vertrauensschutzes »keine wirksame Rechtsgrundlage für die Erhebung einer Zweitstudiengebühr« bestehe. Es mahnte »hinreichende Übergangsregelungen« für StudentInnen an, die darauf vertrauten, ihr Studium »wie bisher ohne die Belastung durch die streitgegenständliche Gebühr weiterführen und abschließen zu können«. In seinem Gutachten geht Achelpöhler auch auf die gescheiterten Klagen gegen Studiengebühren in Baden-Württemberg ein. Dort sei eine Übergangsfrist von eineinhalb Jahren gewahrt worden, daher sei das entsprechende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht auf die Situation in Nordrhein-Westfalen übertragbar.

Studentische AktivistInnen in Nordrhein-Westfalen bereiten derzeit Klagen gegen die für Dezember erwartete Einführung von Studiengebühren vor. »Konkrete juristische Schritte können aber erst nach Einführung des Gesetzes und mit dem Vorliegen der ersten Zahlungsaufforderung unternommen werden - also frühestens im Sommersemester 2003«, erläutert Markus Struben vom Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS). Auch Klemens Himpele vom Bildungspolitikreferat des AStA der Kölner Universität hat sich schon mit der Möglichkeit einer Klage befasst: »Wir werden nach Verabschiedung der entsprechenden Gesetze auch den Rechtsweg prüfen. Zunächst wollen wir die Gebühren aber auf politischem Weg weiter bekämpfen.«

Auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigt sich derzeit mit einer Klage gegen Studiengebühren. In Baden-Württemberg wurden 1997 zusammen mit den Gebühren für so genannte LangzeitstudentInnen Rückmeldegebühren in Höhe von fünfzig Euro eingeführt. Vier StudentInnen hatten vor dem baden-württembergischen Verfassungsgerichtshof (VGH) Klage gegen den ihrer Ansicht nach überhöhten Betrag eingereicht. Der VGH errechnete einen Verwaltungsaufwand für die Rückmeldung in Höhe von maximal elf Euro je StudentIn und legte den Fall dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor. Auch die nordrhein-westfälische Landesregierung hatte ursprünglich eine Rückmeldegebühr in Höhe von fünfzig Euro geplant, diese aber nach studentischen Protesten wieder fallengelassen.