Avanti, Avanti!

Mit dem neuen Zeitvertragsrecht übt die Bundesregierung Druck auf wissenschaftliche MitarbeiterInnen aus. Von Raphaela Häuser

In Zukunft sollen wissenschaftliche Mitarbeiterinnen an den Universitäten nur noch eine begrenzte Zeit mit befristeten Verträgen beschäftigt werden können. Wer im Anschluss keine der wenigen unbefristeten Stellen bekommt, wird in der Regel die Universität verlassen müssen. So möchte man von Regierungsseite durch Selektion das Lehrpersonal an den Universitäten radikal verjüngen. Mit der Änderung des Hochschuldienstrechts will Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) neben einer leistungsbezogenen Besoldung der ProfessorInnen auch eine Novellierung des Zeitvertragsrechts durchsetzen. Dieses sieht eine Begrenzung der befristeten Arbeitsverhältnisse auf maximal zwölf Jahre vor. Zudem sollen so genannte Juniorprofessuren in Zukunft anstelle der Habilitation Regelvoraussetzung für eine Professur werden. Bulmahn erklärte dazu: »Mit dem neuen Dienstrecht verwirklichen wir eine grundlegende und zukunftsweisende Reform für die Hochschulen in Deutschland. Vor allem geben wir einen starken Anreiz dafür, dass unsere besten Köpfe nicht mehr ins Ausland abwandern, sondern unsere Hochschulen im 21. Jahrhundert aktiv gestalten.«

Die Zwölfjahresregelung sieht vor, künftig befristete Verträge an den Universitäten auf eine Höchstgrenze von sechs Jahren vor der Promotion zu beschränken. Bei einer überdurchschnittlich guten Promotion können nochmals sechs Jahre als JuniorprofessorIn folgen. Die Juniorprofessur soll wiederum auf zwei Mal drei Jahre befristet werden. Bei einer Zwischenevaluation nach drei Jahren wird über die Verlängerung der Anstellung für weitere drei Jahre entschieden. Fällt die Bewertung negativ aus, läuft der Vertrag ein Jahr später aus.

Wer nach dieser so genannten Qualifikationsphase von zwölf Jahren nicht unbefristet übernommen wird, hat in der Regel keine Chance weiter beschäftigt zu werden.

Dieses System der ständigen Leistungsüberprüfung allerdings stößt auf heftige Kritik: So führt der Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BdWi) an, die Promotion lasse sich nicht auf ein Ausbildungsverhältnis reduzieren: Sie sei zugleich eine selbstständige Forschungsleistung für die Institution Hochschule und die Gesellschaft.

Für die Einrichtung der ersten 3000 Juniorprofessuren sichert der Bund eine Finanzspritze von 180 Millionen Euro zu. Die Resonanz der Hochschulen auf dieses Programm sei überwältigend, mehr als fünfzig Universitäten hätten sich bereits bundesweit um Fördermittel beworben, heißt es beim Bundesministerium. Im Gegenzug sollen für die Finanzierung der insgesamt 6000 geplanten Juniorprofessuren alle 4000 C2-Stellen (Oberassistenzen und Hochschuldozenturen) und ein Teil der C1-Stellen (Assistenzstellen) geopfert werden, kritisiert die Initiative wissenschaftlichernachwuchs.de. Die auf vier bis sechs Jahre befristeten C2-Stellen hätten bisher zur Existenzsicherung für habilitierte WissenschaftlerInnen gedient, die diese als Sprungbrett nutzen konnten, um sich auf frei werdende C3- oder C4-Stellen zu bewerben. In einigen Fällen wurden schon ordentliche C3-Professuren als Juniorprofessuren neu ausgeschrieben. »Das heißt aber, dass Juniorprofessoren die Arbeit eines C3-Professors tun - eben nur viel billiger und weniger qualifiziert«, so der Sprecher von wissenschaftlichernachwuchs.de, Thomas Mergel. Zudem seien an der Ausarbeitung des neuen Dienstrechts keine VertreterInnen des wissenschaftlichen Nachwuchses beteiligt worden, moniert die Initiative.

Durch das neue Zeitvertragsrecht soll, so das Bundesministerium für Bildung und Forschung, für NachwuchswissenschaftlerInnen nach der Qualifikationsphase wie für alle anderen ArbeitnehmerInnen das allgemeine Arbeitsrecht, insbesondere das Teilzeit- und Befristungsgesetz gelten. Grundsätzlich packt das Ministerium damit ein chronisches Manko an. Aus gewerkschaftlicher Sicht stellt der Wildwuchs der befristeten Verträge jenseits von Flächentarifverträgen ein enormes sozialpolitisches Problem dar. Der erwünschte Zuwachs an unbefristeten Arbeitsverträgen werde mit dieser Befristungsregelung jedoch auf sich warten lassen, kritisiert Andreas Keller, Referent für Wissenschaft, Forschung und Hochschulpolitik der PDS im Bundestag.

Bulmahn dementierte inzwischen die grundsätzliche Unmöglichkeit einer Weiterbeschäftigung nach Ablauf der Zwölfjahresfrist und kündigte an, im Hochschulrahmengesetz eine Klarstellung aufzunehmen. Wissenschaftliche MitarbeiterInnen könnten, wenn dies erforderlich ist, mindestens bis zum 28. Februar 2005 weiterhin befristet beschäftigt werden, um eine begonnene Promotion oder Habilitation zu beenden. Ob das der von Seite der Betroffenen gewünschten Übergangsregelung genüge tut, bleibt allerdings fragwürdig. Eine in den letzten Wochen ebenfalls geforderte »Nachbesserung« des Hochschulrahmengesetzes im Hinblick auf die Möglichkeiten einer befristeten Beschäftigung im Anschluss an die Qualifizierungsphase werde es allerdings nicht geben, heißt es vom Ministerium abschließend.