173.596 gegen Gebühren

Österreich: Bildungsvolksbegehren durchgesetzt Von Dirk Eckert

»Das sollte der Regierung zu denken geben«, frohlockte Andrea Mautz, die Vorsitzende der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH). 173.596 Unterschriften kamen in Österreich beim Bildungsvolksbegehren gegen Studiengebühren zusammen. Damit wurde die notwendige Hürde von 100.000 Unterschriften deutlich überschritten, so dass sich jetzt das österreichische Parlament mit dem Volksbegehren beschäftigen muss.

»Die Forderungen werden im Parlament behandelt und Bildung wieder zum öffentlichen Thema gemacht«, freute sich Mautz. Einen »Flop der vereinigten Linken« nannte dagegen Werner Amon, Bildungssprecher der regierenden Österreichischen Volkspartei (ÖVP) die Beteiligung. Jörg Haiders FPÖ sprach von einer Niederlage für SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer. Die SozialdemokratInnen werteten die Abstimmung hingegen als »sehr schönen Erfolg«.

Das Bildungsvolksbegehren hatte die ÖH Salzburg aufgrund der »überfallartig eingeführten Studiengebühren« im April des Jahres initiiert. Diverse Gruppen und Parteien, darunter die SPÖ, hatten das Begehren unterstützt. Kernpunkte sind eine ausreichende öffentliche Finanzierung der Hochschulen und die Abschaffung der Studiengebühren.

Die Studiengebühren von rund 360 Euro pro Semester haben in Österreich zu einem Rückgang der StudentInnenzahlen geführt (siehe philtrat nr. 43, november/dezember 2001). Außerdem stieg im Oktober und November die Zahl der Studienabschlüsse im Schnitt um 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) spricht deswegen von einer »erfreuliche Entwicklung«. Dieser Trend erfasste allerdings nicht alle Universitäten. Trotz Studiengebühren machten an der Universität Wien nur noch 648 StudentInnen ihren Abschluss, im Oktober und November des letzten Jahres waren es 795.

Zudem gab es im Wintersemester 40000 Einschreibungen weniger. Einen Rückgang bei den »aktiv Studierenden« habe es jedoch nicht gegeben, beschwichtigte das Bildungsministerium. Die Wiener Regierung geht dabei davon aus, dass 30 Prozent aller Anmeldungen »nicht rein aus Gründen des Wissenserwerbs« erfolgen.

Andrea Mautz ließ dagegen kein gutes Haar an der Politik der Regierung: »Insgesamt haben 45000 Studierende ihr Studium abgebrochen.« Eine Studie habe ergeben, dass viele Berufstätige betroffen seien. »Wie das mit dem oft propagierten ›lebenslangen Lernen‹ in Einklang zu bringen ist, ist mir schleierhaft.«