Keine Gebühren – das wird teuer

In Hamburg werden Studiengebühren eingeführt Von Dirk Eckert

Nach der Wahl von Ole von Beust (CDU) zum neuen Oberbürgermeister von Hamburg sollen jetzt in einem weiteren Bundesland Studiengebühren eingeführt werden. In ihrer Koalitionsvereinbarung haben sich CDU, FDP und die Partei Rechtsstaatlicher Offensive, besser bekannt als Schill-Partei, darauf geeinigt, das Hochschulgesetz der Hansestadt zu novellieren und Studiengebühren »nur für die Studierenden, die vier Semester über die Regelstudienzeit studieren«, einzuführen.

Vorbild dürfte das Bundesland Baden-Württemberg sein: In der CDU-Hochburg müssen StudentInnen 1000 Mark pro Semester bezahlen, wenn sie die Regelstudienzeit um vier Semester überschritten haben. Die Höhe der hanseatischen Studiengebühren steht noch nicht fest, sie dürfte aber wie in Baden-Württemberg bei 1000 Mark liegen.

Leistungsabhängige Mittelvergabe, Credit-Point-System, Verkürzung der Studienzeit - das sind die Maßnahmen, die der neue Hamburger Senat den Hochschulen verordnet. Gefordert wird außerdem »die Einführung eines bundesweiten Bildungsgutscheins«, um die Hochschulen entsprechend der Nachfrage zu finanzieren, wie es in der Koalitionsvereinbarung heißt.

Der Hamburger Horrorkatalog ist gut verpackt: »Generelle Studiengebühren werden nicht eingeführt«, heißt es dreist in der Koalitionsvereinbarung - nur drei Zeilen unterhalb der Ankündigung zur Einführung von Studiengebühren. Und weiter: »Zur Durchführung dieser Maßnahme müssen die Voraussetzungen an den Hochschulen geschaffen werden, dass ein Abschluss in der Regelstudienzeit auch möglich ist.«

Auch die Zentralstelle zur Vergabe von Studienplätzen (ZVS) ist dem neuen Hamburger Mitte-Rechts-Senat ein Dorn im Auge. »Zum nächstmöglichen Zeitpunkt« soll der Staatsvertrag mit der ZVS gekündigt werden, »mit dem Ziel, eine Regelung zu schaffen, die es den Hochschulen ermöglicht, ihre Studierenden und den Studierenden, ihre gewünschte Hochschule selbst auszusuchen«. Für den neuen Hamburger Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) ist das ein Mittel, um den Hochschulen eine verstärkte »Profilbildung« zu ermöglichen.

Wäre es nach der FDP gegangen, hätte Hamburg die ZVS sofort verlassen und Bildungsgutscheine anstelle von Studiengebühren eingeführt. Vor der Wahl hatte die FDP Bildung ein »zentrales Bürgerrecht« genannt und Studiengebühren abgelehnt, gleichzeitig jedoch zwischen Erst- und Zweitstudium unterschieden. Gegenüber dem AStA der Universität Hamburg bekundeten die Liberalen außerdem: »Die FDP kann sich vorstellen, Gebühren von denjenigen zu fordern, die ohne triftigen Grund die Regelstudienzeit erheblich überziehen.«

Von triftigen Gründen ist jetzt nicht mehr die Rede, was auf das Konto der CDU gehen dürfte, die sich schon vor der Wahl deutlich für Studiengebühren ab vier Semestern über der Regelstudienzeit ausgesprochen hatte. Die Schill-Partei war ohne bildungspolitisches Konzept in den Wahlkampf gezogen.

Die neue Hochschulpolitik stieß bei den Oppositionsparteien in Hamburg teilweise auf harsche Kritik. Eine »Katastrophe« nannte die Regenbogen-Liste die Einführung von Studiengebühren. Sie sieht die Chancengleichheit bedroht. Dass der neue Senat ein Ende der Sparauflagen für die Hochschulen angekündigt hat, wird bei der PDS Hamburg begrüßt. »Da aber nichts über die Finanzierung gesagt wird, bleibt die Realisierung abzuwarten«, so der bildungspolitische Sprecher der PDS Hamburg, Horst Bethge.

Wie die Regenbogenliste spricht auch er von einer Verschlechterung der Chancengleichheit. Insgesamt wertet er die neue Hamburger Hochschulpolitik als »marktradikalen Umbau nach Rechts« und hofft auf »außerparlamentarischen Druck«, um die Umsetzung dieses »marktradikalen konservativen Senatsprogramms« noch »vereiteln« zu können.

Vom »Studium als Besten-Auslese« sprechen »juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Uni Hamburg«. Dem neuen Hamburger Senat werfen sie vor, dass es ihm nur um »wirtschaftliche Verwertbarkeit« von Wissen gehe. Ihnen schwebt mehr vor: »die Entwicklung von Lösungen für globale Probleme, gar Kritik an zeitgenössischer Wirtschaftsweise als Ursache dieser Probleme«. Bei der CDU-FDP-Schill-Regierung konnten sie davon nichts entdecken. Und auf die Studiengebühren machen sich Jusos und Fachschaftsaktive ihren eigenen Reim: »Bist Du nicht willig, so wird es nicht billig.«