Alles im Raster?

Auch die Kölner Universität gibt Daten weiter Von Patrick Hagen

Im Zuge der Rasterfahndung hat nun auch die Kölner Universität Daten ihrer Studenten an die ermittelnden Behörden übergeben. Betroffen sind alle männlichen Studenten unter 41 Jahren, die sich innerhalb der letzten fünf Jahre an der Universität eingeschrieben haben. Nach Angaben von Wolfgang Mathias, Leiter der Pressestelle der Universität, habe es sich um zirka 25000 Datensätze gehandelt. Mit der bundesweit laufenden Rasterfahndung sollen »potenzielle extremistische islamistische Terroristen« enttarnt werden, heißt es im Beschluss des Düsseldorfer Amtsgericht, das die Rasterfahndung landesweit anordnete.

Zu den persönlichen Daten, die die Hochschule übermittelt, gehören Name, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Wohnort, Adresse, Religionszugehörigkeit und die Studienfachrichtung. Die Religionszugehörigkeit wird von den Universitäten jedoch seit einigen Jahren nicht mehr gespeichert, und konnte demnach auch nicht weitergegeben werden, so Mathias gegenüber der philtrat. Neben den Universitäten übergaben auch die Einwohnermeldeämter und das Ausländerzentralregister Daten an die Ermittlungsbehörden. Diese werden mit einem Täterprofil des Bundeskriminalamtes abgeglichen.

Wann die Daten der Universität übermittelt wurden, konnte weder die Rechtsabteilung noch die Pressestelle der Universität genau sagen. Während der Kölner Stadt-Anzeiger bereits am 25. Oktober Rolf Behrendt (SPD) vom nordrhein-westfälischen Innenministerium mit der Aussage zitierte, dass alle Daten beisammen seien, teilte die persönliche Referentin des Kanzlers der Universität auf Anfrage noch am selben Tage mit, dass die Universität noch keine Daten weitergegeben habe, da der Beschluss noch durch die eigene Rechtsabteilung geprüft werde. Der Rektor der Universität war auch auf mehrmalige Nachfrage nicht zu einer eigenen Stellung-nahme bereit.

Das Amtsgericht Düsseldorf hatte bereits am 2. Oktober auf Antrag der Düsseldorfer Polizei, die die Rasterfahndung leitet, beschlossen, dass die nordrhein-westfälischen Universitäten nach Paragraf 31 des Polizeigesetzes zur Amtshilfe verpflichtet seien.

Voraussetzung für die Anordnung einer Rasterfahndung ist das Vorliegen einer »gegenwärtigen Gefahr«. Diese »gegenwärtige Gefahr« begründete das Gericht in seinem Beschluss mit der »sich derzeit zuspitzenden Lage im Mittleren Osten, wo ein Militärschlag der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten in Kürze zu erwarten ist.« Deshalb müsse »jederzeit mit einem terroristischen Vergeltungsschlag, gegebenenfalls auch in Nordrhein-Westfalen«, gerechnet werden. Auch die Rechtsabteilung der Universität kam zu dem Schluss, dass derzeit eine gegenwärtige Gefahr vorliege.

Eine Argumentation, die der Münsteraner Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler, der einige Studenten in Klagen gegen die Rasterfahndung vertritt, für falsch hält: »Die Möglichkeit, Opfer eines terroristischen Anschlags zu werden, ist für keine Person zu keiner Zeit an keinem Ort der Welt auszuschließen«. Dies reiche für die Bejahung einer gegenwärtigen Gefahr gerade nicht aus, so Achelpöhler. Um eine gegenwärtige Gefahr bejahen zu können, müsse diese unmittelbar oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorstehen. Diese Situation sei jedoch nicht gegeben.

Eine Einschätzung, die auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD) zu teilen scheint. Am 8. Oktober sagte Behrens, dass es zurzeit »bundesweit keinerlei Hinweise auf geplante Gewaltaktionen« gebe. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte am 7. Oktober zum wiederholten Male erklärt: »Auch nach den Angriffen auf Ziele in Afghanistan hat das Bundesinnenministerium keine konkreten Hinweise auf geplante Anschläge von Terroristen in Deutschland.«

Achelpöhler verweist in der Begründung seiner Beschwerde auf ähnliche Aussagen von Innenminister Otto Schily (SPD) und folgert: »Wenn selbst das Bundesinnenministerium auf der Grundlage seiner überlegenen nachrichtendienstlichen Erkenntnisquellen zu der Einschätzung gelangt, dass keine gegenwärtige Gefahr für deutsche Rechtsgüter bestehe, dann ist nur schwer nachzuvollziehen, wie das Amtsgericht Düsseldorf zu der Einschätzung gelangt, es bestehe derzeit ›eine gegenwärtige Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes‹.« Außerdem weist er darauf hin, dass die Rasterfahndung in Nordrhein-Westfalen weiter gehe als in anderen Bundesländern, da pauschal alle Daten von »Studenten einer bestimmten Altergruppe gleich welcher Staatsangehörigkeit« weitergegeben würden.

Eine Tatsache, die Walter Klein von der Rechtsabteilung der Kölner Universität nicht stört. Man dürfe sich die Rasterfahndung nicht so vorstellen, »als ob jetzt alle möglichen studentischen Namen bei der Polizei gespeichert werden. Sondern Raster heißt ja, dass es bestimmte Kriterien gibt und diejenigen, die die Kriterien nicht erfüllen, sofort uninteressant sind, sodass dem Großteil der Studenten nicht viel, ja sogar gar nichts passiert.« Eine solche Bagatellisierung der Rasterfahndung hält Achelpöhler für gefährlich. Die Rasterfahndung stelle einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte dar. Aus der Perspektive des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung sei sie »sogar der schwerste annehmbare Eingriff«.

Die Universität sei zwar nicht glücklich über die Rasterfahndung, so Pressesprecher Mathias, werde aber auch nicht dagegen protestieren. Er sei etwas besorgt über die Signalwirkung der Rasterfahndung und befürchte, dass die Attraktivität der Universität bei ausländischen StudentInnen Schaden nehmen könnte. Andererseits weist er auch die Kritik zurück, die Rasterfahndung stelle nichtdeutsche Studenten, speziell aus arabischen Staaten, unter Generalverdacht. Das Gerede vom Generalverdacht sei von einigen ASten, besonders aus Bochum und Düsseldorf ins Spiel gebracht worden. Der Kölner AStA teile diese Kritik jedenfalls nicht.

Der Kölner AStA hat sich bis auf einen Artikel in seiner Zeitung Rückmeldung noch nicht öffentlich zur Rasterfahndung geäußert. Gegenüber der taz köln ließ er verlauten, dass man sich zurzeit mit der Vorbereitung für eine ErstsemesterInnenparty beschäftigen müsse. Markus Struben von der Alternativen Liste kritisiert die Untätigkeit des AStA. »Andere ASten unterstützen klagewillige Studenten oder informieren zumindest über die rechtlichen Möglichkeiten. Der Kölner AStA tut gar nichts.«

Formulare für eine Anfrage über die Weitergabe von Daten durch die Universität finden sich unter: www.uni-koeln.de/studenten/al/rasterfahndung.html.