Ein Jahr kostet fünf Goldmünzen

Ein Dokumentarfilm zeigt, dass die Zeitehe in schiitischen Ländern sowohl der Prostitution, als auch der Liebe die Türen öffnet. Von Elisa Moll

»Außerehelicher Geschlechtsverkehr eines verheirateten Mannes oder einer verheirateten Frau gilt als Ehebruch und wird mit der Steinigung bestraft.« So steht es im Iranischen Strafgesetzbuch. Der Geschlechtsverkehr von Unverheirateten wird mit 100 Peitschenhieben bestraft. Doch es gibt eine Ausnahme: die Zeitehe. Diese ist in den mehrheitlich schiitischen Ländern wie dem Iran, Irak und Afghanistan zwar ein gesellschaftliches Tabu, stellt in der schiitischen Lehre aber keinen Rechtsbruch dar. Die Zeitehe wird üblicherweise gegen eine Gebühr und ein Brautgeld von einem Mullah geschlossen. Sie kann von einer halben Stunde bis zu mehreren Jahren dauern. Sie soll Prostitution verhindern und unverheirateten oder verwitweten Menschen die Möglichkeit auf legalen Geschlechtsverkehr bieten.

Der Dokumentarfilm Im Bazar der Geschlechter von Sudabeh Mortezai erzählt die Geschichte von zwei geschiedenen, alleinerziehenden Müttern, einem Junggesellen und einem jungen Mullah und eröffnet so unterschiedliche Blickwinkel auf das Thema. Für die einen ist die Zeitehe die einzige Möglichkeit, das Gehalt aufzustocken und lässt sich somit mit Prostitution gleichsetzen. Für einige Paare ist sie ein Mittel, sich vor der Ehe auszuprobieren. Für andere wiederrum der einzige Weg ihre Liebe legal leben zu können. Auffällig ist dabei vor allem eins: alle Beteiligten sind auf ihre Art einsam und unglücklich. Auch die Fassade des selbstsicheren Mullahs bröckelt gegen Ende. In den letzten Minuten gibt der Film dennoch Grund zur Hoffnung: Die junge, iranische Generation meldet sich zu Wort. Stellvertretend für sie spricht ein junger IT-Student, der eine Website über die Zeitehe und sexuelle Fragen ins Leben gerufen hat. Er plädiert für die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Als der Mullah entgegnet, dass so eben die iranische Kultur sei, widerspricht der junge Iraner: »Nein, das ist nicht die iranische Kultur, das ist männliche Arroganz.«

Im Bazar der Geschlechter. Österreich/Deutschland 2009. Regie: Sudabeh Mortezai. Mitwirkende: Mohsen Mahmudi, Reza Eskandari, Mehri Ramezani u.a. Kinostart: 4. August.