Gebühren mal drei

Dem britischen Hochschulsystem droht eine Teilprivatisierung. Die Studierenden gehen auf die Barrikaden. Von Beate Schulz

Die Bilder der Großdemonstrationen von empörten Studierenden in London in den vergangenen Wochen waren noch frisch in Erinnerung, da setzte eine Wurfattacke auf die königlichen Hoheiten Charles und Camilla ihnen noch eins drauf. Auch in zahlreichen anderen Universitätsstädten wie Sheffield, Birmingham oder im altehrwürdigen Cambridge protestierten Tausende gegen die finanziellen Einschnitte im britischen Bildungssystem. In den Kürzungen der staatlichen Finanzierung und den Gebührenerhöhungen sehen viele erste Schritte hin zu einer Privatisierung - zumindest von Teilen des Bildungssystems.

Die derzeitigen Eckdaten der finanziellen Reformen in der englischen Hochschullandschaft sehen folgendermaßen aus: Die Studiengebühren werden von rund 3000 auf bis zu 9000 Pfund im Jahr verdreifacht. Gleichzeitig wird die öffentliche Finanzierung der Lehre an den Universitäten um bis zu 80 Prozent drastisch gekürzt. Hauptsächlich dürften von den Kürzungen vor allem die geisteswissenschaftlichen Fächer betroffen sein, naturwissenschaftliche und technische Fachbereiche sollen weiterhin staatlich bezuschusst werden. Das begründen die PoltikerInnen mit den höheren Kosten in der Forschung für Labore und technische Einrichtungen. Insgesamt sollen die Universitäten künftig nur noch zu 40 Prozent staatlich finanziert werden.

Traurig aber wahr, es hätte tatsächlich sogar noch schlimmer kommen können. Die Brown-Review, eine von der Regierung in Auftrag gegebene Studie über die Finanzierung der Bildung in Großbritannien, beinhaltete den Vorschlag, eine Obergrenze für Studiengebühren komplett zu streichen. Den Universitäten hätte es dann freigestanden, wie viel Geld sie von ihren Studierenden fordern. Die Hochschulen, die jedoch mehr als 6000 Pfund berechnen würden, müssten einen Teil der Einnahmen als Beitrag zur Finanzierung der Studierendenkredite abführen. Vermutlich ist dies der Grund, weshalb der Vorschlag letztlich abgelehnt wurde.

Stattdessen muss nun die liberalkonservative Regierung Geld aus den rund 2,9 Milliarden in der Lehre eingesparten Pfund in die öffentliche Vorfinanzierung der staatlichen Studierendenkredite stecken. Diese Kredite, mit denen ein Großteil der britischen AkademikerInnen in spe ihr Studium bezahlt, müssen nach dem Studium zurückerstattet werden, sobald man mehr als 21 000 Pfund im Jahr verdient. Der Rückzahlungsbetrag beinhaltet eine Zusatzsteuer von neun Prozent, die Studierende für die Investition in das »Humankapital«, so der britische Ex-Premier Brown, berappen dürfen.

Auf der Plattform »humanities matter«, einer Kampagne von britischen GeisteswissenschaftlerInnen, wird vermutet, dass die massiven Kürzungen im Endeffekt darauf hinaus laufen werden, dass einzelne Fachbereiche komplett privatisiert werden müssen, um sich halten zu können. Im Hinblick auf die Zahl von möglichen InvestorInnen, die gerne ein Stück vom Kuchen der Bildungsbranche abhaben möchten, warnt auch die University Alliance, ein Zusammenschluss verschiedener Universitäten, vor den Folgen. Man solle sich nicht »schlafwandelnd in Richtung eines privatisierten Hochschulsektors bewegen«. Um dem vorzubeugen, kündigten die Studierenden für Januar weitere Aktionen an.