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Die StudierendenvertreterInnen der Engeren Fakultät haben eine Unterschriftenaktion gegen Anwesenheitslisten gestartet. Von Hanna-Lisa Hauge

So schnell wie möglich auf der Anwesenheitsliste unterschreiben, über die Beine und Taschen der KommilitonInnen klettern und möglichst unauffällig den Raum verlassen. So machen es viele Studierende, wenn ihnen ihre Vorlesung nicht gefällt oder sie finden, dass sie ihre Zeit besser nutzen können. An der Philosophischen Fakultät haben die StudierendenvertreterInnen aus der Engeren Fakultät, dem höchsten beschlussfassenden Gremium der Fakultät, eine Unterschriftenaktion gegen Anwesenheitslisten gestartet. Sie wollen deutlich machen, dass unter solchen Bedingungen selbstbestimmtes Lernen kaum möglich ist.

Besonders Bachelor- und Masterstudierende müssen an der Philosophischen Fakutltät in sehr vielen ihrer Veranstaltungen auf Anwesenheitslisten unterschreiben, um Leistungspunkte zu erhalten. Wer im Semester mehr als zweimal fehlt, riskiert, aus dem Seminar zu fliegen. Etwas bessere Verhältnisse herrschen an der Humanwissenschaftlichen Fakultät. »Dort läuft auch schon seit längerem eine Aktion gegen Anwesenheitslisten«, sagt Peter Hacke, Studierendenvertreter der Engeren Fakultät der Philosophischen Fakultät. Auch an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät sind Anwesenheitslisten die Ausnahme.

Die StudierendenvertreterInnen der Engeren Fakultät sehen den Grund für das Festhalten an Anwesenheitslisten in der mangelhaften Kommunikation innerhalb der Fakultät. Dies sei auch auf das Verhalten des Dekanats zurückzuführen. Denn vielen Studierenden und DozentInnen sei nicht klar, dass Anwesenheitslisten nicht vorgeschrieben sind. Die Entscheidung darüber, ob und wie die Anwesenheit kontrolliert wird, liegt ganz offiziell in der Hand der Lehrenden. »In den Studienordnungen steht zwar, dass es eine Anwesenheitspflicht gibt, aber die Lehrenden sind nicht verpflichtet, diese auch zu überprüfen«, sagt Hacke. »Es steht also allen Lehrenden frei, ob sie Anwesenheitslisten herumgeben, die Liste abfragen oder einfach gar nichts machen.« Die StudierendenvertreterInnen aus der EF finden die Bemühungen des Dekanats, diese Informationen zu verbreiten, halbherzig. Neben dem Rektorat hat auch der Senat bereits im Dezember vergangenen Jahres eine Empfehlung ausgesprochen, auf Anwesenheitslisten zu verzichten. »Der Senat hat den Fakultäten empfohlen, die Anwesenheitspflicht kritisch zu hinterfragen und anschließend zu berichten«, sagt Hacke. »Bisher kam da aber noch nicht viel zurück.«

Auch als die Studierenden ihr Anliegen in der Engeren Fakultät vorstellten, waren die Reaktionen der anderen Mitglieder gemischt. Manche ProfessorInnen sprachen sich sogar offen gegen einen Verzicht auf Anwesenheitslisten aus. »Einige haben darauf hingewiesen, dass sie wegen der Studienordnungen rechtliche Konsequenzen sehen«, berichtet Hacke. »Andere haben die alte Leier gebracht, warum wir keine Anwesenheitslisten wollen, wenn wir doch ohnehin zu den Seminaren hingehen.« Die StudierendenvertreterInnen lehnen dieses Argument jedoch ab. Denn der Nebenjob, das hochschulpolitische Engagement oder Krankheit machten es Studierenden oft unmöglich, immer anwesend zu sein. Zudem sollten es nicht die Anwesenheitslisten sein, die Studierende dazu veranlassen, ihre Veranstaltungen regelmäßig zu besuchen, sondern interessante Lehrinhalte.