Karottendeal für’s Klima

In Köln gab es im April den ersten Carrotmob in einem Gemüseladen in Sülz. Mit gezielten Kaufaktionen wollen die AktivistInnen das Klima verbessern. Von C. Wienen

Samstagmittag in Sülz. Die meisten der kleinen Läden schließen schon. Nur in einem Gemüseladen auf der Zülpicher Straße laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Ein junger Mann schwenkt eine Kamera, ein anderer gibt ein Interview, eine Frau im schwarzen T-Shirt verteilt Flyer. Vorn auf dem T-Shirt leuchtet eine Karotte. Orangefarbene Luftballons, ebenfalls in Karottenform, baumeln links und rechts vom Eingang des »Obst & Gemüse Land« und ziehen die Aufmerksamkeit der PassantInnen auf sich.

Necmethin Izci ist der Inhaber des Feinkostladens. Für ihn ist dieser 17. April ein großer Tag: Sein Betrieb ist heute Schauplatz des ersten Carrotmobs in Köln. Im Gegensatz zu Flashmobs sind Carrotmobs Aktionen, die breit angekündigt werden und ein bestimmtes Ziel verfolgen, meist im Bereich Klimaschutz. Im Zentrum steht dabei die Macht der KonsumentInnen. Anders als beim Boykott ist das Ziel jedoch nicht, Unternehmen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, um sie zum Umdenken zu bewegen. Vielmehr möchte man denen, die etwas bewirken wollen, das Geld in die Tasche spülen. Das Prinzip ist einfach: Am Aktionstag sollen möglichst viele KundInnen im ausgewählten Geschäft einkaufen und ein Teil des Umsatzes fließt direkt in klimarelevante Sanierungen.

Izci hatte sich im Wettbewerb gegen diverse MitbewerberInnen durchgesetzt. Er bot an, 75 Prozent seines Tagesumsatzes am Aktionstag in ökologische Verbesserungen in seinem Betrieb zu investieren und war damit der Höchstbietende. Die sieben Kölner OrganisatorInnen haben sich auf einem Carrotmob in Berlin kennen gelernt. Sie waren von der Idee sofort begeistert und beschlossen, einen eigenen Mob in Köln zu organisieren. In den letzten Monaten trafen sie sich alle zwei Wochen zur Vorbereitung. Sie hätten sich bewusst für den Einzelhandel entschieden, da dort Umsatz schon durch kleine Käufe gemacht wird, erklärt das Team. Niemand solle sich gezwungen, fühlen etwas teuer zu kaufen, was sie oder er gar nicht braucht. »Daher sind Lebensmittel optimal«, sagt Fabian Huber vom Organisationsteam, »aber alle Dinge des täglichen Bedarfs sind denkbar, auch ein Kiosk oder Blumenladen.«

Mittlerweile hat sich der Laden gefüllt. Die meisten KundInnen sagen, sie seien durch ein Plakat oder durch FreundInnen aufmerksam geworden und wollten die Idee unterstützen. So verlassen mehr und mehr den Gemüse- und Feinkostladen mit einer Tüte Birnen oder der ersten Kiste Erdbeeren in diesem Jahr. Am Ende des Tages werden 400 KundInnen die Aktion unterstützt haben.

Für Necmethin Izci ist der Tag ein Erfolg. Er hat deutlich mehr Umsatz gemacht als an einem normalen Samstag: Insgesamt konnte er 3250 Euro einnehmen, von denen er nun 2937,50 Euro investieren wird. Er will von dem Geld einen neuen, energiesparenden Motor für die Kühltruhen kaufen. Außerdem plant er, die Beleuchtung zu erneuern. Moderne LED-Lampen sparen 90 Prozent Energie, sind jedoch sehr teuer. Bei seiner Ladengröße müsste er 100 Lampen ersetzen. Eine Investition, die sich in einem Laden, der 6 Tage die Woche geöffnet ist, sicher bald auszahlen wird. Insgesamt, so schätzen die OrganisatorInnen, könnten nun zwei Tonnen Kohlenstoffdioxid jährlich allein durch diese Aktion gespart werden. Ein schöner Nebeneffekt ist Izci zufolge auch, dass er nun mehr StammkundInnen hat. Die Aktion habe den BewohnerInnen in seinem Veedel gezeigt, dass er sich für Klima- und Energiethemen interessiert. Peer Schwarnweber vom Organisationsteam resümiert später, dass der Mob so ein Erfolg war, dass nun schon der nächste geplant sei. Am 17. Juli würden sie wieder zum engagierten Einkaufen aufrufen.