Vereinzelt sind wir stark

Dafür und dagegen XIII: Studiengebühren boykottieren - Ja oder Nein? Von Hanna-Lisa Hauge, Max Lebsanft, Laura Reina

dafür

Hessen hat es uns vorgemacht: Studiengebühren zu boykottieren funktioniert. Dort haben die Studierenden durch Demos und Boykotte Studiengebühren zum Wahlkampfthema gemacht. Und das mit Erfolg: sie zahlen - zumindest in dieser Legislaturperiode bis 2014 - keine Gebühren.

Dass Studiengebühren bei Studierenden auf breite Ablehnung stoßen, ist nicht weiter umstritten. Die Bildungsstreiks im vergangenen Jahr haben bewiesen, dass für viele die Missstände an den Universitäten unerträglich geworden sind. 270000 Leute, davon ein Großteil Studierende, gingen in ganz Deutschland auf die Straßen. Sie demonstrierten gegen Bachelor- und Masterstudiengänge, gegen den wachsenden Leistungsdruck und natürlich auch gegen Studiengebühren. Weshalb ist die Beteiligung an den Gebührenboykotten so gering, fragt man sich da. Am Unmut der Studierenden kann es jedenfalls nicht liegen.

So umstritten die Wirksamkeit des Boykotts sein mag - er bleibt unerlässlich. Wer an dieser Protestform herumkritteln und sie als Tropfen auf den heißen Stein bezeichnet, hat letztlich nicht begriffen, dass es nur mit Demonstrieren nicht getan ist. Denn verändern wird sich nur etwas, wenn auf breiter Basis gekämpft wird. Ein Bündel von Aktivitäten ist gefragt, um RektorInnen und BildungspolitikerInnen zu überzeugen.

Besonders in Nordrhein-Westfalen sind Boykotte ein wirksames Mittel, denn die Unis können selbst entscheiden, ob ihre Studierenden zahlen sollen und auch wie viel. 10000 Studierenden würden definitiv reichen, um den Senat genug unter Druck zu setzen. Jeder sollte sich mal an die eigene Nase fassen und sich fragen, ob er oder sie den Boykott nicht eigentlich im Geiste unterstützt. In Anbetracht der Masse an DemonstrantInnen vom Bildungsstreik sollten sich die paar Tausend BoykotteurInnen doch finden lassen.

Übrigens: Auch bei uns stehen bald wieder Landtagswahlen an.

Max Lebsanft, Hanna-Lisa Hauge

dagegen

Wer kennt es nicht: Am Ende eines jeden Semesters muss noch ganz schnell Geld für die Studiengebühren aufgetrieben werden. Das Ganze will natürlich auch noch fristgerecht überwiesen werden. Es wäre sicher eine große Erleichterung für so manche Studierende, wenn sich dieses Problem in Luft auflösen würde. Irgendwann sollte aber auch mal Schluss sein mit dem ganzen Boykottieren und dem mittlerweile obligatorischen Dagegen-Sein, denn bisher sind einfach noch keine Erfolge zu verzeichnen.

Wer trotzdem noch hofft, irgendwann einmal von den Studiengebühren befreit zu werden, kann sein Geld statt an die Uni auf ein Treuhandkonto überweisen und abwarten, ob das Quorum von 10000 Studierenden bei der »solidarischen Zahlungsverweigerung« erreicht wird. Klingt ja eigentlich nach einer guten Idee, und die rund 600 Studierenden der Uni Köln, die bereits mitgemacht haben, können wohl bestätigen, dass sie weder exmatrikuliert noch um ihr hart verdientes Geld gebracht wurden. Das Problem: Es sind eben nur 600. Und nicht die nötigen 10000. Da ist es mit der guten Idee auch schon wieder vorbei. Rund 25 Prozent der Studierenden müssten sich beteiligen. Ein Großteil von ihnen weiß aber sicher noch nicht einmal, worum es bei dem Boykott geht. Wenn dieser weiter so vor sich hindümpelt, braucht das Boykott-Team noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, um das von ihm verfolgte Ziel zu erreichen.

Selbst wenn sich 10000 Studierende zusammenfinden, ist nicht ganz klar, was mit dem Geld passiert, denn die Studierenden bekommen es erst zurück, wenn die Studiengebühren endgültig abgeschafft sind. So weit in die Zukunft zu spekulieren schreckt sicher Viele ab und hält sie davon ab, solidarisch zu handeln. Vielleicht vermag ja der Bildungsstreik dem Gebührenboykott Zulauf zu bescheren.

Laura Reina