Die Dame ist die stärkste Figur

Die Schauspielerin liefert etwas verspätet eine leichte Sommergeschichte Von Elisa Moll

Eine verstohlene Beobachtung verändert Hélènes Leben von Grund auf. Durch den Vorhang eines Hotelzimmers, in dem Hélène als Putzfrau arbeitet, sieht sie zufällig ein Paar beim Schachspielen. Der Mann ist seiner Partnerin dabei völlig ergeben. Als sie ihn Schachmatt setzt, scheint er das nicht als Niederlage zu empfinden, ganz im Gegenteil erhöht es eher die sexuelle Spannung zwischen den Spielenden.

Für Hélène, eine einfache Frau, die für ihren Mann nach Korsika gezogen ist, verkörpert diese Szene alles, was in ihrem Leben fehlt: Abenteuer, Spannung, Gleichberechtigung, Intellekt und prickelnde Erotik.

Nach dieser Einsicht versucht Hélène ihren Mann für das Schachspielen zu begeistern, doch dieser kann ihre neue Passion nicht nachvollziehen. So sucht Hélène sich einen anderen Schachpartner: den verschrobenen Doktor Kröger, für den sie ebenfalls putzt. Das anfänglich eher durch Spott seinerseits geprägte Verhältnis entwickelt sich langsam zu einer respektvollen Freundschaft, in der die Rollen von Schüler und Mentor immer mehr verschwimmen. Doch die Ideale, die das Schachspielen für Hélène verkörpert - Emanzipation und geistige Gleichberechtigung - werden nicht von allen gern gesehen und so beginnt die Gerüchteküche bald zu brodeln und Hélènes Ehrgeiz zu ermatten…

Die Handlung ist zwar stellenweise vorhersehbar, dies wird durch das Spiel von Sandrine Bonnaire und Kevin Kline jedoch größtenteils ausgeglichen. Besonders Sandrine Bonnaire verkörpert sehr glaubwürdig die Rolle der einfachen Hélène, die plötzlich feststellen muss, dass sich ihre Lebensziele verschoben haben. Kevin Kline sorgt mit seinem bärbeißigen Charakter Doktor Kröger dafür, dass die Geschichte nicht zu sehr ins Klischeehafte abrutscht.

Der Film ist empfehlenswert für alle, die sich aus dem grauen, nassen Unialltag ins sommerliche Frankreich träumen wollen.