stichwort: piratenpartei

Tragen die PiratInnen ihre Augenklappen rechts? Die junge Partei ringt um ein politisches Profil. Von Carolin Wedekind

Viel wurde in den letzten Wochen über den deutschen Ableger der schwedischen Piratpartiet geschrieben. In die Schlagzeilen geriet die Partei, als der SPD-Abgeordnete Jörg Tauss zu ihnen wechselte, nachdem seine Fraktion im Bundestag für die Internetsperre stimmte. Tauss, gegen den wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material ermittelt wird, legte beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen das Gesetz ein. Sein Parteiwechsel wurde von vielen PiratInnen bejubelt.

Eine weitere Personalie machte den Makel der fehlenden politischen Linie der PiratInnen deutlich: Auf dem Bundesparteitag Anfang Juli wurde das Parteiamt des Ersatzrichters mit Bodo Thiesen besetzt. Dieser hatte in den vergangenen Jahren auf Mailinglisten und in Internetforen Zweifel an der deutschen Kriegsschuld geäußert, die Judenverfolgung als "lächerliche 12 Jahre" relativiert und kritisiert, dass der Holocaust in Deutschland als Tatsache gilt. In einer Newsgroup schrieb er im Jahr 2003 außerdem, es stünde "jedem Juden frei, jederzeit Deutschland für immer zu verlassen." Das alles war vielen auf dem Parteitag anwesenden Mitgliedern bekannt, hielt sie aber nicht von der Wahl Thiesens ab. "Wir sind die Piraten", bloggte bald darauf die DVU.

Zwar distanzierte sich der Parteivorstand und Thiesen entschuldigte sich, doch seine Äußerungen haben deutlich gezeigt, dass die Piratenpartei sich dringend für eine politische Richtung entscheiden muss. Denn die Betonung einiger weniger Kernthemen, zu denen auch die Ablehnung von Zensur gehört, ohne Position zu anderen politischen Themen zu beziehen, bietet nach rechts viel Platz. Zu hoffen bleibt, dass die derzeitige politische Unentschlossenheit der PiratInnen nicht den Zielen schadet.

Das stichwort erschien begleitend zum Hauptartikel über PiratInnen-Hochschulgruppen.