Endzeitstimmung aufm Deich

Kölner Studierende der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft drehen in Ostfriesland eine Mystery-Serie. Das im Internet frei abrufbare Projekt ist ein Erfolg: Im Sommer erscheint die zweite Staffel. Von Nadine Gottmann

Die Straßen sind menschenleer, ein unangenehmes Rauschen liegt in der Luft. An eine kaputte Parkbank gelehnt liegt ein Mann namens Sam. Er erwacht wie aus einem Alptraum. Etwas stimmt nicht. Sam irrt durch die verlassenen Straßen. Was ist passiert? Warum erinnert er sich an nichts? Und wo sind alle anderen? In der ersten Staffel der Internetserie Dämmerung herrscht Endzeitstimmung. In einem ausgestorbenen Dorf findet sich eine Gruppe Übriggebliebener zusammen. Doch bevor sich ihre Mitglieder mit der Frage auseinandersetzen können, was aus der Zivilisation geworden ist, müssen sie feststellen, dass sie selbst Verfolgte sind.

Produziert wird die Serie von einer Gruppe Studierender der Kölner Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft. "Wir sind nicht abhängig von einem Sender oder Redakteur", erklärt Produzent und Headwriter Martn Bondzio. "Das ist ein Vorteil des Formats Internetserie. Wir können etwas ausprobieren und zeigen, dass selbst eine Endzeit-Mystery-Serie in Deutschland realisierbar ist." Der Erfolg der ersten Staffel gibt ihm Recht. Die konnte Bondzio nämlich die Lizenz an eine Internetplattform der Telekom verkaufen und so den Dreh der zweiten Staffel ermöglichen. Für die Fortsetzung reiste Bondzio mit seiner zwanzigköpfigen Crew in den vergangenen Semesterferien nach Ostfriesland. Elf Tage drehten die Studierenden an der Nordsee - bei Wind und Wetter. Die Begeisterung für das Projekt ist trotzdem ungebrochen. "Wir finden unseren Studiengang zu theoretisch", sagt Bondzio. "Unser Institut lässt praktische Berufe in den Medien einfach links liegen, deshalb haben wir das selbst in die Hand genommen."

18 Stunden dauerte der längste Drehtag. Bei einem Nachtdreh stapfte das Team gar durch den Matsch, denn am Drehort hatte es den ganzen Tag geregnet. "Für mich war diese Szene die größte Herausforderung", erzählt Darstellerin Daniela Pütz. "Mein Spielpartner musste mich mit vollem Karacho in den Matsch schmeißen. Aber weil das ganze Team so motiviert war und die meisten ja noch länger im Regen und Wind stehen als wir Schauspieler, wollte ich natürlich nicht jammern. Und im Spiel vergisst man die Kälte sowieso. Das macht einfach nur super viel Spaß." Alle Beteiligten arbeiten ohne Gage, denn allein die Kosten für Technik, Ausstattung, Anreise und Unterbringung betragen pro Drehtag fast tausend Euro. Um SpenderInnen und SponsorInnen zu akquirieren, haben die Studierenden Bondzio und Pütz mit ihren Freunden Adrian Wolf, Josa Jungnickel und Matthias Mösl den Verein Aufmdeich gegründet. Und die Crew halten sie vor allem mit gutem Catering bei Laune.

Die Mühe hat sich gelohnt: Im Sommer erscheint die zweite Staffel von Dämmerung. Weil diesmal in High Definition gedreht werden konnte, ist sie technisch höherwertig als die erste Staffel. Neben interessanten Settings gibt es auch neue Figuren, die der Gruppe aus der ersten Staffel nicht alle wohlgesonnen sind. Außerdem wartet ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten, der auf einmal nicht mehr er selbst zu sein scheint…