Religion ist Privatsache

Die Kritische Islamkonferenz fordert, dass Einwanderer nicht hauptsächlich aufgrund ihrer Religion definiert werden. Von Pascal Beucker

Mit einem Appell für eine säkulare Gesellschaft endete die Kritische Islamkonferenz, die Ende Mai in Köln stattfand. In ihrer Abschlusserklärung kritisierten die rund 200 Teilnehmer die Initiativen von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und anderer deutscher Politiker, die eine verbesserte Integration von Zuwanderern durch eine Stärkung der »religiösen Identität« zu erreichen versuchten. Hierdurch werde »Individuen eine Gruppenidentität zugeschrieben, was Emanzipation nicht fördert, sondern erschwert.«

So stieß auf der vom Zentralrat der Ex-Muslime und der Giordano Bruno Stiftung für Humanismus und Aufklärung organisierten Tagung unter dem Motto »Aufklären statt verschleiern« auch die Deutsche Islamkonferenz Schäubles auf entschiedene Ablehnung. Es sei nicht nachvollziehbar, auf welche Weise diese Konferenz zu einem »besseren Miteinander« führen sollte. Indem der Christdemokrat mit Islamvertretern konferiere und ihnen Anerkennung und Privilegien in Aussicht stelle, betreibe er »faktisch ein verdecktes Missionsprogramm.«

So würden Migranten dazu gezwungen, sich über die Religion zu definieren, »selbst dann, wenn sie ihrer Herkunftsreligion ursprünglich eher gleichgültig oder vielleicht sogar ablehnend gegenüberstanden«, heißt es in der verabschiedeten Resolution. »Religion ist Privatsache. Ich bin dagegen, wenn sie zur politischen Angelegenheit gemacht wird«, sagte Mina Ahadi, Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime.

Eindeutiger Star der zweitägigen Kölner Veranstaltung war der Kölner Publizist Ralph Giordano. Mit schier unbändigem Furor wetterte der zornige alte Mann gegen die »falsche Toleranz« der »unbelehrbaren Beschwichtigungsdogmatiker« gegenüber islamistischen Tendenzen. Diese wollten den »Schatten eines neuen, nach Hitler und Stalin, dritten Totalitarismus« nicht erkennen. »Ich kenne den Unterschied zwischen einem demokratischen und einem anderen Deutschland«, rief Giordano unter großem Applaus in den Saal, »Und ich will, dass es das demokratische bleibt.«

Scharf prangerte der 85-Jährige eine »Jahrzehnte lang partei- und regierungsübergreifend falsche Immigrationspolitik« an. Er stellte in Zweifel, ob es »ohne Entislamisierung überhaupt eine Integration geben« könne, sagte Giordano in seiner rund einstündigen Rede. Auf Protest im Auditorium stieß allerdings seine Forderung einer Abschiebung des Generalsekretärs des Zentralrats der Muslime, Aiman A. Mazyek, weil dieser eine Vereinbarkeit der Scharia mit dem Grundgesetz behauptet habe. Auch Giordanos Aussage, er glaube nicht mehr an eine kollektive Integration speziell der türkischen Migranten, erntete Widerspruch.

Entschieden wiesen die Veranstalter von Kritikern geäußerte Vorwürfe des Rassismus zurück. »Wir kämpfen nicht gegen Migranten, sondern gemeinsam mit ihnen für eine bessere, gerechtere und freiere Gesellschaft«, sagte Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung. Um sich vor unerwünschten Bündnispartnern zu schützen, hatte der Einladerkreis Personen, die »rechtsextremen Organisationen angehören oder der rechten Szene zuzuordnen (…) sind«, von der Konferenz ausgeschlossen.