Sammeln bis ins Grab

In Sieben Mulden und eine Leiche kommentiert ein Journalist schonungslos Leben und Sterben seiner Messie-Mutter. Von Elke Hofmann

Was der Schweizer Journalist Thomas Haemmerli im März 2004 in der Wohnung seiner gerade verstorbenen Mutter vorfindet, lässt ihn erschaudern. Die Wohnung, die er jahrelang nicht betreten hat, ist vollgestopft mit Möbeln, Haushaltsgeräten, Büchern, Zeitschriften und dem Gerümpel ganzer Jahrzehnte, sowie hier und da einer toten Ratte. Über allem hängt ein beißender Verwesungsgeruch.

Einen Monat brauchen Haemmerli und sein Bruder, um die Überreste der mütterlichen Sammelsucht zu entsorgen und Berge hinterlassener Unterlagen zu ordnen. Schicht für Schicht legen sie dabei ihre eigene Geschichte in Form von Fotos und Super-8-Filmen, aber auch die bewegte Vergangenheit ihrer Mutter inmitten der gutbürgerlichen Züricher Gesellschaft frei. Vom ersten Betreten der Wohnung bis zur Endreinigung hält Haemmerli dabei alles mit einer Kamera fest.

Aus dem entstandenen Material hat er einen Dokumentarfilm geschnitten, der beklemmend und zugleich außerordentlich komisch ist. Zum Beispiel dann, wenn Haemmerli in Bergen von Gerümpel auf das Buch Von der Kunst, Ordnung in den Dingen & Sachen zu halten stößt und diesen Fund ironisch kommentiert. Sein Galgenhumor wird in solchen Momenten zum Schutzschild, der es ihm ermöglicht, mit dem Schicksal der kranken, vereinsamten Mutter fertig zu werden. Auch dann, wenn er intime Details aus deren Leben, wie ihre Scheidungsunterlagen, ans Licht zerrt und sie in satirischem Ton vor der Kamera verliest. Den ZuschauerInnen bleiben am Ende zwei Möglichkeiten, mit diesem Vorgehen Haemmerlis umzugehen: Es abstoßend und pietätlos zu finden, oder sich auf seine - ironische Distanz einzulassen. Wem letzteres gelingt, wird sich eineinhalb Stunden lang prächtig amüsieren. Unabhängig davon wird man den Kinosaal mit einem unbehaglichen Gefühl verlassen - und dem dringenden Bedürfnis, zu Hause mal wieder gründlich auszumisten.