Ein letzter Blick durch blauen Dunst

Im kommenden Jahr tritt in Nordrhein-Westfalen das Rauchverbot in Kraft. Viele Kölner Gaststätten sehen dem mit Sorge entgegen. Manche müssen ihr gesamtes Unternehmenskonzept ändern Von Julia Groth

Die Wände sind vom Nikotin bräunlich-gelb verfärbt, nur um die Bilderrahmen an der Wand herum sind noch Spuren der ursprünglichen Farbe zu erkennen. Am Tresen sitzen einige Männer, an einem Tisch zwei Frauen, vermutlich Rentnerinnen. Es ist elf Uhr vormittags, die beiden Frauen bestellen ein Schälchen Nudelsalat und jeweils ein Gedeck, also ein Kölsch und einen Korn. Bis das Essen kommt, rauchen sie noch eine Zigarette. Die Kneipe Em Telefönche an der Ecke Brüsseler Straße/Lindenstraße, in der sich dieses Publikum versammelt, ist eine echte kölsche Eckkneipe. Zumindest mit der Zigarette zum Gedeck wird es aber bald vorbei sein, denn das Rauchverbot kommt, und es soll nur wenige Ausnahmen geben. Genau davor haben die BetreiberInnen vieler Kneipen Angst.

Noch in diesem Jahr soll das Gesetz zur Verbesserung des Nichtraucherschutzes in Nordrhein-Westfalen, so der offizielle Name, beschlossen werden. Am 1. Januar 2008 soll es in Kraft treten. In öffentlichen, sozialen, Kultur- und Bildungseinrichtungen wie Schulen, Krankenhäusern, Landesbehörden und Studierendenwohnheimen wird Rauchen dann mit einer Geldbuße bestraft, es sei denn, es wird in speziell gekennzeichneten Räumen geraucht. Gaststätten und Diskotheken bekommen eine Gnadenfrist - für sie gilt das Rauchverbot erst ab dem 1. Juli 2008.

Kein großer Trost für viele GastwirtInnen. Sie befürchten Umsatzeinbußen, besonders die, die in ihren Gaststätten aus Platzmangel keine gesonderten Räume für RaucherInnen einrichten können. Zu ihnen zählen auch die BetreiberInnen des Telefönche. Thekenkraft Petra Marek vermutet, dass viele Kneipen schließen werden. »Da wird einiges den Bach runtergehen«, prophezeit sie. Und die, die überleben, könnten durch das Rauchverbot mit vielen Problemen zu kämpfen haben. So sei es zum Beispiel schwierig, Betrunkenen das Rauchen zu verbieten. Und über die RaucherInnen vor der Tür sind die meisten AnwohnerInnen alles andere als glücklich, denn sie haben unter dem Lärm und weggeworfenen Zigarettenkippen zu leiden. Eine »unnötige Bevormundung«, nennt Marek, selbst Nichtraucherin, das Verbot deshalb.

Auch von anderen NichtraucherInnen gibt es für das Rauchverbot eher Kritik als Lob. »Ich finde die Raucherei einfach ekelhaft«, sagt Lucia, Kellnerin im bereits seit vielen Jahren rauchfreien Café Orlando auf der Engelbertstraße. »Aber für Kneipen ist das Rauchverbot ein Atmosphärekiller.« Ohne den blauen Dunst komme keine Kneipen-, sondern eher Klinikatmosphäre auf. Das Verbot empfindet auch Lucia trotz genereller Zustimmung als Bevormundung. Angst davor, dass das Orlando KundInnen verlieren könnte, weil es bald seinen Sonderstatus als eins der wenigen rauchfreien Cafés einbüßt, hat sie dagegen nicht.

Gaststätten, deren Existenz durch das Rauchverbot bedroht werden könnte, sind aber nicht nur verqualmte Eckkneipen und Pubs. Eine bedrohte Spezies ist auch die Wasserpfeifen-Bar. Gaststätten mit einer Wasserpfeife auf jedem Tisch sind in den vergangenen ein bis zwei Jahren nicht nur in Köln aus dem Boden geschossen. Meist sind die Pfeifen das einzige, wodurch sie sich von anderen Bars und Kneipen abheben. Aber auch, wenn es beim Ziehen blubbert und der Rauch nach Obst riecht: geraucht wird der bald verbotene Tabak.

Wer sich als BetreiberIn einer solchen Bar nicht auf das Rauchverbot einstellt und möglicherweise sogar sein gesamtes Konzept ändert, könnte bald empfindlichen Umsatzeinbußen entgegen sehen. Die Bar My Way auf der Zülpicher Straße entledigt sich deswegen zum Jahreswechsel aller ihrer Wasserpfeifen und stellt auf Restaurantbetrieb um.