Kampf dem Verdummen

In seinem neuen Film prangert Hans Weingartner die Messung der Einschaltquoten an. Seine Recherche hat aber Lücken. Von Julia Eva Fröhlich

Hans Weingartners neuer Film Free Rainer hat wie sein Vorgänger Die fetten Jahre sind vorbei einen gesellschaftskritischen Anspruch. Diesmal hat sich der Regisseur das Medium Fernsehen vorgeknöpft. In Free Rainer werden die Privatsender als Bösewichte dargestellt, die durch die konstante Ausstrahlung anspruchsloser Sendungen die ZuschauerInnen so lange an qualitativ minderwertiges Fernsehprogramm gewöhnt haben, bis diese Gefallen daran fanden. Deshalb erfreuen sich diese Sender konstant hoher Einschaltquoten. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen und eine weiter fortschreitende Verdummung der Bevölkerung zu verhindern, versucht Rainer (Moritz Bleibtreu), geläuterter Ex-Produzent eines solchen Senders, diese Entwicklung mit der gleichen Strategie umzukehren. Durch Manipulation der Einschaltquoten gewöhnt er die ZuschauerInnen wieder an qualitativ hochwertiges Fernsehen und erreicht so anscheinend sein Ziel, dass die Medien eine unterhaltende, aber auch bildende Funktion übernehmen. Die Botschaft seines Films ist für Weingartner offenbar eine Herzensangelegenheit. »Mich stört schon lange, dass wir alle seit Jahren den geistigen Verfall unserer Gesellschaft beobachten, aber nichts dagegen tun«, erklärt er auf seiner Homepage. »Stattdessen gilt Schwachsinn als cool. Die neuen Helden sind Menschen, die in ihrem Leben noch kein Buch gelesen haben.« Schauspieler Moritz Bleibtreu stimmt ihm zu: »Wir leben in einer Welt, die stark von medialen Einflüssen abhängt, aber die Leute, die sich um diese Unterhaltung kümmern, sind sich der Verantwortung ihrem Publikum gegenüber nicht bewusst und haben ihm gegenüber auch keinen Respekt.« Doch Weingartner kritisiert nicht nur die Qualität des Privatfernsehens. Er bemängelt auch die Methode, mit der die Einschaltquoten ermittelt werden. MigrantInnen und Nicht-GEZ-Zahlende wie Studierende und Arbeitslose würden dabei nicht berücksichtigt. Diese Kritik Weingartners ist nur teilweise korrekt. Denn dass Studierende und Arbeitslose bei der Erfassung der Quote nicht berücksichtigt würden, wird durch Statistikangaben widerlegt. Auch MigrantInnen werden nicht generell von der Quotenerfassung ausgeschlossen (siehe Kasten). Neben aller Kritik an der Erfassung der Quote ist Weingartner aber ohnehin eine grundlegendere Botschaft in Free Rainer besonders wichtig: »Der Film will den Menschen zurufen: Befreit euren Geist. Macht die Glotze öfter mal aus und lebt euer Leben. Das spielt sich da draußen ab und nicht in dem Kasten.«