Künstler hinterm Bücherstand

Gang durch die Uni II: Der Büchermann Von Christina Grolmuss

Tag für Tag kommen Scharen von Studierenden auf ihrem Weg ins Philosophikum oder Hauptgebäude an seinem Stand vorbei: Seit mittlerweile mehr als zehn Jahren steht Kristóf Szabó auf dem Albertus-Magnus-Platz und verkauft Bücher. Bald wird sein Platz aber leer sein. Der Büchermann möchte in sein Heimatland Ungarn zurückkehren, um als Dramatiker Erfolg zu haben.

Der ruhige, große Mann mit den dunklen Haaren und dem Sechstagebart, der bis zu seinem zwölften Lebensjahr in Ungarn gelebt hat, schreibt Bücher und Theaterstücke. Vor wenigen Monaten hatte eines seiner Stücke im Arkadas-Theater in Ehrenfeld Premiere. In Ungarn fand die Uraufführung bereits vor zwei Jahren statt. »Ich wollte schon letztes Jahr gehen, aber das habe ich irgendwie nicht geschafft«, sagt Szabó. »Jetzt kenne ich dort ein paar Leute, mit denen ich mir vorstellen kann, einige Jahre zusammenzuarbeiten.«

Die Idee, an der Universität Bücher zu verkaufen, kam ihm in den Neunzigerjahren während seines Studiums der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft in Köln. Zunächst packte er alles in eine Kiste, später reichte die dann nicht mehr aus und es kam ein Tisch hinzu. Zu dieser Zeit gesellten sich noch andere Studierende zu Szabó und hatten unter anderem Taschen im Angebot. Der Verkauf ging aber nur solange gut, bis sich die Universitätsleitung darüber beschwerte und verlauten ließ, dass der Albertus-Magnus-Platz kein Marktplatz sei. Der Büchermann sollte verschwinden.

Doch da schaltete sich ein tatkräftiger Professor ein und setzte sich mit Erfolg für den Erhalt von Szabós mobilem Antiquariat ein. In einem Brief kritisierte er, dass es an der Universität einen Pizzastand und ein Reisebüro gebe, die einzige kulturelle Einrichtung jedoch abgeschafft werden solle. Daraufhin konnte Szabó seinen Stand wieder aufbauen. »Die Arbeit ist sehr unwirtschaftlich«, sagt er jedoch. »Ich muss Standmiete bezahlen, eine Garage als Lagerraum anmieten und ein Auto nur für den Transport bereit haben.«

Darum muss Szabó sich bald nicht mehr kümmern. Sein Vertrag für den Stand läuft Ende Oktober aus. Auch die Mietverträge für Wohnung, Garage und Mietwagen sind bereits gekündigt. Spätestens zu Weihnachten möchte er in Ungarn sein. Über sein letztes Stück hat die ungarische Presse kein Wort verloren, weil er persönlich nicht vor Ort war. »In Ungarn muss man als Autor präsent sein, sonst interessieren sich die Leute nicht dafür, was man schreibt«, sagt er.

Auch in Deutschland ist der große Erfolg seiner Stücke bisher ausgeblieben. Seiner Einschätzung nach sind seine Werke zu kompliziert für die deutschen ZuschauerInnen. »Die wollen immer alles schön geordnet haben«, sagt er etwas ironisch. Einen Grund, regelmäßig nach Köln zurück zu kommen, hat Szabó allerdings noch: seine kleine Tochter. Die Universität wird in Zukunft jedoch ohne ihn auskommen müssen.