Die »Schwarze Venus« der Résistance

Bildergeschichten XXV: Wie eine Varieté-Künstlerin gegen Nationalsozialismus und Rassimus kämpfte Von Gregor Leyser

Ihr Outfit ist legendär und wird fast automatisch mit ihrem Namen assoziiert. Das Bananenröckchen, das sie während ihrer Shows des Pariser Varietétheaters »Les Folies Bergère« trug, wurde zu ihrem Markenzeichen. Die dunkelhäutige Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin Josephine Baker eroberte Mitte der Zwanzigerjahre mit ihren Auftritten die Herzen vor allem ihres europäischen Publikums. Doch ihren bis heute bestehenden Ruhm verdankt sie nicht nur ihrer Tätigkeit als Künstlerin, sondern auch ihrem Engagement im Kampf gegen Rassismus und ihrem Widerstand gegen die nationalsozialistischen Besatzer Frankreichs während des Zweiten Weltkriegs.

1906 als uneheliche Tochter eines jüdischen Musikers und einer Wäscherin unter dem Namen Freda Josephine McDonald in Saint Louis geboren, erlebte Baker mit elf Jahren ein Pogrom gegen Schwarze. Diese Erfahrung nannte sie später als Grund für ihr antirassistisches Engagement. Als Zeichen für Toleranz adoptierte sie in den Fünfzigerjahren zwölf Kinder unterschiedlicher ethnischer Herkunft und Religion und gründete eine Vereinigung gegen Diskriminierung aufgrund von Herkunft und Glauben. Obwohl Baker 1925 nach Paris umsiedelte und später die französische Staatsbürgerschaft annahm, gab sie auch gelegentliche Gastspiele in den USA. Dort weigerte sie sich, vor einem nach Rassen getrennten Publikum aufzutreten, womit sie die Öffnung einiger Einrichtungen für Afro-AmerikanerInnen erreichte. Die National Association for the Advancement of Colored People (NAACP) erklärte sie dafür zur »Frau des Jahres«. Auf dem »Marsch auf Washington für Jobs und Freiheit« 1963 sprach sie zudem neben Martin Luther King, der dort seine berühmte »I have a dream« - Rede hielt.

Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete Baker für das französische Rote Kreuz und nutzte ihren Status dazu, für die Résistance Botschaften zu schmuggeln. Später machte sie einen Pilotenschein und war für den französischen Geheimdienst in Nordafrika tätig. Für diese Arbeit erhielt sie nach dem Krieg mehrere Auszeichnungen wie das »Croix de Guerre« und die »Medaille de la Résistance«.

Bakers Auftritte als Tänzerin, Sängerin und Schauspielerin spalteten das Publikum. Während viele Künstler und Intellektuelle wie Ernest Hemingway und Pablo Picasso sie verehrten und ihr den Titel »Schwarze Venus« verliehen, verlangten Andere Auftrittsverbote. Die NationalsozialistInnen bezeichneten ihre Musik als »entartet«. In Wien wurden 1928 während ihres Gastspiels Sondergottesdienste abgehalten, »als Buße für schwere Verstöße gegen die Moral, begangen von Josephine Baker«. Trotzdem feierte sie während ihrer Welttourneen große Erfolge, lediglich in den USA wurde sie überwiegend abgelehnt. Lange Zeit hatte sie dort mit rassistischen Vorurteilen zu kämpfen, die New York Times bezeichnete sie in einem Artikel als »Negerschlampe«. Durch ihren aufwändigen Lebensstil und die hohen Unterhaltskosten für ihr Schloss Les Milandes war Baker zeitweise dem finanziellen Ruin nahe. Ihrem Rückzug von der Bühne 1956 folgte aus finanziellen Gründen bereits drei Jahre später das Comeback. Nachdem 1969 das Schloss trotzdem versteigert werden musste, bekam sie Hilfe von ihrer Freundin Fürstin Gracia von Monaco, die ihr eine Villa zur Verfügung stellte. Kurz nach ihrem Auftritt bei der Pariser Premiere des autobiografischen Theaterstücks Joséphine anlässlich ihres fünfzigjährigen Bühnenjubiläums starb Josephine Baker am 12. April 1975 im Alter von 68 Jahren in Paris. Angeblich fand man sie in ihrem Bett liegend, umgeben von Zeitungen, in denen TheaterkritikerInnen ihren letzten Auftritt bejubelten.