Heim ins Ruhrgebiet

Das Ruhrgebiet entwickelt sich immer mehr zum Sammelbecken für rechtsextreme Organisationen. Die so genannten Autonomen Nationalisten haben dort gleich drei Gruppen gegründet. Von Alexandra Streck

Für den Inhaber des Dortmunder Neonazi-Ladens »Donnerschlag« begann das Jahr 2007 nicht gut. Das Landgericht in Dortmund verfügte im Januar, dass er das Ladenlokal räumen muss. Er hatte die Miete immer wieder zu spät überwiesen. Damit ist die rechte Szene in Dortmund um einen Treffpunkt ärmer. Der Laden, in dem sich Rechtsradikale bisher mit Szenekleidung und -musik eindecken konnten, zog Neonazis aus ganz Nordrhein-Westfalen an. Mehrere Male diente Donnerschlag ihnen als Ausgangspunkt für gewalttätige Angriffe gegen linke und antifaschistische Gruppen.

Die Umgebung des Ladens scheint eine große Anziehungskraft auf Rechtsradikale auszuüben. Anwohnerberichten zufolge ziehen sie vermehrt dorthin. Dortmund und das umliegende Ruhrgebiet entwickeln sich immer mehr zu einem Knotenpunkt rechtsradikaler Aktivitäten. Organisationen wie das Netzwerk Freier Widerstand und die Kameradschaft Dortmund, die zu dem so genannten Aktionsbüro West des bekannten Kölner Neonazis Axel Reitz gehören, haben dort ihren Sitz. Im Frühjahr 2005 erstachen einige von ihnen den 31-jährigen Dortmunder Punk Thomas S. Ein Jahr später griffen vermummte und teilweise bewaffnete Rechtsextreme die alternative Kneipe Hirsch-Q an und verletzten mehrere BesucherInnen. AntifaschistInnen haben regelmäßig unter Übergriffen zu leiden. Vor einigen Jahren trat zudem eine neue rechtsextreme Strömung in Erscheinung, deren Angehörige sich äußerlich kaum von linken Autonomen unterscheiden. Die so genannten Autonomen Nationalisten treten nicht als Skinheads in Bomberjacken und Springerstiefeln auf, sondern tragen bevorzugt schwarze Kleidung, Turnschuhe und Palästinenser-Tücher. Sie verwenden auch Slogans und Embleme der linken Subkultur. »Die schwarze Kleidung ermöglicht uns, dass wir von Antifas, Bullen und anderen nicht mehr erkannt werden können«, freut sich ein »autonomer Nationalist« im Internet. Bei Demonstrationen bilden sie aus der links-autonomen Szene bekannte »schwarze Blöcke« und gehen teilweise mit Gewalt gegen PolizistInnen und GegendemonstrantInnen vor. Außer in München und Berlin sind sie vor allem im Ruhrgebiet stark vertreten. Dortmund ist bei ihnen anscheinend besonders beliebt. Im Jahr 2005 marschierten sie zu mehreren Gelegenheiten unter dem Motto »Dortmund ist unsere Stadt« und forderte eine »national befreite Zone Dortmund«. Seit kurzem warnt auch der Bundesverfassungsschutz vor den rechten Autonomen. Für die Polizei wird es immer schwerer, die einzelnen Lager auseinander zu halten. Die Autonomen Nationalisten erregen aber nicht nur den Zorn ihrer linken Stil-Vorbilder. Sie sind auch Anfeindungen aus den eigenen Reihen ausgesetzt. Der NPD, deren Mitglieder darauf setzen, sich gutbürgerlich als wählbare Alternative zu anderen Parteien zu präsentieren, sind sie ein Dorn im Auge. In einschlägigen Internetforen häufen sich Beiträge gegen die Rechts-»Autonomen«, in denen es heißt, dass man keine Personen in seiner Mitte dulden könne, die sich kleiden wie die erklärten GegnerInnen.