In den Siebzigern wurden die Studiengebühren abgeschafft – nun sollen sie das Hochschulsystem retten

Von Claudia Drenske

Als sich Studierende 1970 mit aller Macht gegen veraltete Lehrinhalte und Verwaltungsstrukturen wehrten, erreichten sie, dass die sozialdemokratische Bundesregierung unter Willy Brandt die bestehenden Studiengebühren abschaffte. Dadurch wurde der Zugang zu den Universitäten auch den weniger Wohlhabenden ermöglicht.

In Sachen Studiengebührenproteste blieben die Achtzigerjahre recht ruhig, obwohl sich schon zu Beginn des Jahrzehnts die Stimmen für eine Wiedereinführung der Gebühren mehrten. Unter anderem wurde argumentiert, dass durch die Massenuniversitäten die Qualität der Lehre leide. Die StudentInnenzahl stieg in einem Maße an, das nicht durch Neueinstellungen von ProfessorInnen ausgeglichen werden konnte. Es gab größere Seminare und immer mehr Vorlesungen für mehrere hundert Studierende.

Bereits 1989 wurde überlegt, Studiengebühren in Form von so genannten Bildungsgutscheinen einzuführen. Im Zuge der Wiedervereinigung wurde die Debatte um Studiengebühren unterbrochen. Die VertreterInnen der neuen Bundesländer legten großen Wert auf freien Zugang zu den Hochschulen, weil in der ehemaligen DDR starke Reglementierungen dazu existierten. Studiengebühren standen nicht zur Debatte. Eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern forderte im Mai 1993 die Zwangsexmatrikulation von so genannten Langzeitstudierenden. Die Forderung wurde jedoch nach starken studentischen Protesten im Wintersemester 1993/1994 fallengelassen. Dies war der erste große studentische Streik der Neunzigerjahre. Die Diskussion über Gebühren wurde weitergeführt.

Im Jahr 1996 erhoben erstmalig Berlin, Baden-Württemberg und Niedersachsen Einschreibe- und Rückmeldegebühren in Höhe von 100 D-Mark pro Semester. Ihre Einführung rief studentische Proteste, Boykottaktionen und Klagen vor dem Verwaltungsgericht hervor. Dennoch erklärte das Oberverwaltungsgericht in Berlin die Gebühren im Januar 1998 für rechtens. Den Verwaltungsaufwand deckte bereits ein Drittel der Gebühr. Die Mehreinnahmen wurden jedoch nicht für die Universitäten und die Lehre verwendet, sondern vom Staat einbehalten, so dass zwei Drittel zum Ausgleich von Defiziten im Haushalt abflossen.

1997 wurde in Sachsen festgelegt, dass Studierende, die bereits ein Studium abgeschlossen hatten und sich im Zweitstudium befanden, pro Semester 600 D-Mark bezahlen mussten. In Bayern waren es sogar 1000 D-Mark. In einem bundesweiten Streik im Wintersemester 1997/1998 forderten die Studierenden, Studiengebühren generell zu verbieten. Nach diesem Streik wurde das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren gegründet, um den Kampf gegen Gebühren fortzuführen und die Bundesregierung an ihre Wahlversprechen zu erinnern.

Baden-Württemberg führte zum Wintersemester 1998/1999 als erstes Land die Langzeitstudiengebühren ein. Studierende, die ihre Regelstudienzeit um mehr als vier Semester überschritten, mussten 1000 D-Mark zahlen.

Im November 2001 entstand der Plan, mit Studienkonten gegen die so genannten Langzeitstudierenden vorzugehen. Die 2002 verabschiedete Fassung des Hochschulrahmengesetzes (HRG) bot diesmal weitaus mehr Ausnahmeregelungen, als es sie noch 1998 gegeben hatte. Es gab keine uneingeschränkte Gebührenfreiheit mehr und der Weg war nicht nur für Rückmeldegebühren frei, sondern auch für Langzeit- und Zweitstudiumsgebühren.

Am 26. Januar 2005 erklärte das Bundesverfassungsgericht diese Fas-sung des HRG für ungültig, weil sie gegen die Länderhoheit im Bildungswesen verstieß. Somit war wieder alles offen. Allgemeine Studiengebühren konnten eingeführt werden. Und jetzt, im Wintersemester 2006/2007, sind sie da.