Raus aus der Tristesse

In Populärmusik aus Vittula hält der Rock 'n' Roll Einzug in ein schwedisches Dorf und bringt die Verhältnisse durcheinander. Von Julia Groth

Aus Vittula zu stammen kommt einem Stigma fürs Leben gleich, und das Beste, was man tun kann, ist, so schnell wie möglich wegzuziehen. In diesem Punkt sind sich Matti und Niila, die Protagonisten in Reza Baghers Film Populärmusik aus Vittula, einig. Die Männer der älteren Generationen zelebrieren Armdrücken und Fingerhakeln als Männlichkeitsrituale; eine Hochzeit mit anschließendem Wodka-Besäufnis ist das Spannendste, was passieren kann. In der kleinen Ortschaft ganz im Norden von Schweden gibt es in den Sechzigerjahren keinerlei Perspektiven für junge Menschen.

Bis Matti und Niila eines Tages den Rock 'n' Roll entdecken - die neuartige Musik erscheint ihnen wie das Tor zu einer anderen, besseren Welt. Da passt es gut, als Greger, ein junger Lehrer aus Südschweden, neu an ihre Schule kommt und durchsetzt, dass für den Musikunterricht E-Gitarren, ein Bass und ein Schlagzeug angeschafft werden. Mit seiner Hilfe gründen die beiden Jungen zusammen mit einigen anderen eine Rockband, die ihnen helfen soll, eines Tages aus Vittula zu entkommen.

Was hier ein wenig wie School of Rock auf Schwedisch klingt, ist viel mehr als eine Komödie um eine Schülerband; Populärmusik aus Vittula ist Drama, Komödie und Musikfilm in einem. Der Film zeigt immer wieder die kleinen und großen Konflikte innerhalb der Familien des Ortes. Wenn der introvertierte Niila von seinem brutalen Vater halbtot geschlagen wird, ist einem kaum nach Lachen zumute. Das kann sich mit der nächsten Szene allerdings urplötzlich wieder ändern, beispielsweise, wenn die Gemeinde ihren ersten Farbigen zu Gesicht bekommt.

Populärmusik aus Vittula basiert auf dem gleichnamigen Bestseller des bekannten schwedischen Autors Mikael Niemi. Der Film setzt einige Akzente anders als der Roman, gehört aber nichtsdestotrotz zu den gelungeneren Romanverfilmungen.

Populärmusik aus Vittula. Schweden/Finnland 2004. Regie: Reza Bagher. DarstellerInnen: Max Enderfors, Andreas Af Enehielm, Kati Outinen u.a.