Der unerkannte Läufer

Kostbare buddhistische Gebetsmatte im Kölner Dom entdeckt Von Dirk Eckert

Die Lotusblüten wirken beinahe verwelkt. Die Farben sind blass geworden. Mehr als vierzig Jahre lag der lange, schmale Teppich mit den hakenkreuzähnlichen Ornamenten, wie man sie oft in der asiatischen Kunst findet, eher unbeachtet im Kölner Dom. Allerdings an prominenter Stelle: auf der obersten Stufe vor dem Hochaltar. Von hier aus zelebrieren die Geistlichen die Messe. Auch zwei Päpste, Johannes Paul II. und Benedikt XVI., standen schon auf dem rund fünf Meter langen und einen halben Meter breiten Teppich.

Vor drei Wochen hat Adele Schlombs, die Direktorin des Museums für Ostasiatische Kunst in Köln, den Teppich begutachtet - und festgestellt, dass es sich dabei um einen klassischen chinesischen Gebetsteppich aus dem 18. Jahrhundert handelt. Aufgeteilt in zehn kleine Quadrate, bot er einst Platz für zehn buddhistische Mönche, die darauf dicht an dicht in einer Reihe saßen und beteten.

Aber davon wusste man in Köln bisher nichts. Im Dom war der Teppich schlicht als »der chinesische Läufer« bekannt. Die chinesische Kostbarkeit ist nun bis zum 15. Januar in der Ausstellung »Glanz der Himmelssöhne. Kaiserliche Teppiche aus China« im Kölner Museum für Ostasiatische Kunst zu sehen. Danach soll er an seinen angestammten Platz im Dom zurückkehren. Dass es sich um einen Kultgegenstand aus einer anderen Weltreligion handelt, scheint die KatholikInnen nicht zu stören. »Wir wollen ihn nicht verkaufen«, beteuert Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner.

Der Artikel erschien zuerst in der taz nrw vom 30. Dezember 2005, www.taz.de.