Karriere im Kaffeekochen

Sie erhoffen sich berufliche Orientierung und enden als billige Arbeitskräfte: PraktikantInnen. In Frankreich gibt es Proteste, in Deutschland gründete sich mit Fairwork die erste Interessensvertretung. Von Carolin Wedekind

Für viele HochschulabsolventInnen sind Praktika unverzichtbar. Sie dienen dem Sammeln erster Berufserfahrungen und gelten als Hintertür zur Festanstellung. Was vor allem bei GeisteswissenschaftlerInnen in keinem Lebenslauf fehlen darf, erweist sich in der Praxis jedoch häufig als ernüchternd. Während viele PraktikantInnen hauptsächlich Erfahrungen im Bedienen der Kaffeemaschine und des Kopierers sammeln können, ersetzen andere für keine oder geringe Bezahlung professionelle Vollzeitangestellte. Auf Jobbörsen im Internet locken Unternehmen mit »möglichen Übernahmen«. Die erhoffte Anstellung nach Beenden des Praktikums bleibt meist aus und häufig ziehen sich solche »Karrieren« über Jahre in die Länge, wenn stets nur ein weiteres Praktikum vage den ersehnten Berufseinstieg verspricht.

In Frankreich gründeten enttäuschte HochschulabsolventInnen deshalb die Protestbewegung Generation Precaire. Der Name ist ein Hinweis auf die schwierige Lage, in die derartige Praktikumsodysseen führen können: Trotz Motivation und hoher Qualifikation bleiben viele finanziell von ihren Eltern abhängig. Auf Demonstrationen und mit dem Sammeln von Unterschriften fordern die AktivistInnen eine gesetzlich festgelegte Mindestvergütung für Praktika und die klare Unterscheidbarkeit von Vollzeitstellen. Ein Praktikum solle keinen Arbeitsplatz ersetzen, sondern der beruflichen Weiterbildung dienen. Der Protest findet inzwischen in Frankreich Gehör und regt im Ausland immer mehr PraktikantInnen an, sich ebenfalls zu organisieren und faire Arbeitsbedingungen zu fordern.

Während französische PraktikantInnen mit zahlreichen Aktionen auf ihre Situation aufmerksam machen, kam es in Deutschland noch nicht zu großen Protesten. Dabei haben sich bereits Interessensvertretungen gebildet. Seit der Gründung des Vereins Fairwork im Jahr 2004 steigt das Medieninteresse und immer mehr Betroffene diskutieren in Internetforen ihre Erlebnisse. »Es wird Zeit, dass sich Praktikanten endlich solidarisieren«, erklärt Susanne Rinecker, die seit Beginn für Fairwork tätig ist, ihr Engagement. Mit rund hundert vergeblichen Bewerbungen auf bezahlte Stellen und dem Ausweichen auf Praktika teilt auch sie die Erfahrungen vieler anderer.

Darüber, dass PraktikantInnen durchaus Rechte haben, fehle bislang Aufklärung, sagt Rinecker. Denn das Ersetzen regulärer Arbeitsplätze durch Praktikumsstellen ist unzulässig. PraktikantInnen sollen zusätzlich in die Arbeit eingebunden werden und nicht fest vorgesehen sein. Dass dies dennoch oft praktiziert werde, liege vor allem daran, dass viele aus Hoffnung auf einen Job nichts dagegen sagen wollten.

Ändern könnte sich daran etwas durch die Öffentlichkeitsarbeit von Fairwork. Der Verein, der inzwischen mit der Kampagne »Students at Work« des Deutschen Gewerkschaftsbundes zusammenarbeitet, bekommt täglich viele positive Reaktionen. So sei Fairwork beispielsweise auch von Betroffenen mitgeteilt worden, dass diese auf ein weiteres Praktikum verzichten wollten, seit sie von der Bewegung erfahren haben. »Sie sind froh, dass es endlich jemanden gibt, der etwas dagegen tut«.

Auf der Homepage www.fairwork-verein.de bietet sich Interessierten die Möglichkeit, Kontakt aufzunehmen.