Studierende auf dem Rektorstuhl

In Bielefeld und Paderborn haben StudentInnen in den Semesterferien die Uni-Rektorate besetzt. Sie protestierten damit gegen die Einführung allgemeiner Studiengebühren. Von Julia Groth

Während der Kampf gegen Studiengebühren an den meisten Universitäten einzuschlafen scheint, fand in den vergangenen Semesterferien in Bielefeld der größte Protest seit langer Zeit statt. Aufgebrachte Studierende besetzten nach einer Senatssitzung spontan das Rektorat ihrer Hochschule. Sie erklärten, in der aktuellen Debatte über allgemeine Studiengebühren übergangen worden zu sein, und forderten den Rücktritt von Rektor Dieter Timmermann.

Der mehrheitlich mit ProfessorInnen besetzte Senat hatte beschlossen, allgemeine Studiengebühren einzuführen. »Die Abstimmung des Senats ist eine absolut scheindemokratische Farce und ein totales Armutszeugnis gegenüber den hochschulpolitischen Strukturen und dem erklärten Willen der Studierendenschaft«, sagt der studentische Senator Ingo Bowitz. Nicht nur die Studierenden, sondern auch die nichtwissenschaftlichen MitarbeiterInnen hatten gegen die Einführung der Gebühren gestimmt.

Rekordverdächtige dreißig Tage hielten bis zu siebzig BesetzerInnen die Stellung. Mit Schlafsäcken hatten sie es sich in den Rektoratsräumen bequem gemacht. Neben der Rücknahme des Senatsbeschlusses zur Einführung von Gebühren und dem Rückritt Timmermanns, dem sie vorwarfen, die Senatsentscheidung beeinflusst zu haben, forderten sie die Demokratisierung der Hochschulgremien.

Die Studierenden stellten zwei Bedingungen an die Hochschulleitung, unter denen sie zu Gesprächen bereit seien. Zum einen müssten Gespräche im Beisein einer breiten Öffentlichkeit geführt werden. Zum anderen sollte ihre Resolution auf der Startseite der Universitäts-Homepage und über den offiziellen E-Mail-Verteiler verfügbar sein. Weil sich das Rektorat weigerte, auf die erste Bedingung einzugehen, kamen keine Gespräche zustande.

Ende Februar spitzte sich die Situation zu, als Rektor Timmermann ein Hausverbot aussprach und die Räumung des besetzten Rektorats mithilfe der Polizei androhte. Die BesetzerInnen kritisierten diese angedrohte Maßnahme als einen Akt der Kriminalisierung. Dennoch verließen sie die Räumlichkeiten, bevor sich am Morgen des vierten März MitarbeiterInnen der Universitätsverwaltung und eines Sicherheitsunternehmens Zutritt verschafften. »Das Rektorat nimmt das friedliche Ende der Besetzung mit Erleichterung zur Kenntnis«, verkündete Timmermann. In den Räumen bestehe allerdings »erheblicher Renovierungsbedarf«. »Beim Verlassen des Rektorats durch die BesetzerInnen bestand in keiner Weise 'Renovierungsbedarf'«, sagen diese hingegen. Zum Zustand der Zimmer erklären sie, man habe lediglich »Raum für Raum individuell mit Bildern, kreativer Möblierung, kleinen Features sowie verschiedenen Techniken der Verbarrikadierung« gestaltet. Sie hatten unter anderem Transparente aufgehängt und den Boden mit Kreidezeichnungen bedeckt.

In Paderborn ist man dem Beispiel der BielefelderInnen gefolgt. Am 15. Februar besetzten dort Studierende ebenfalls das Rektorat, nachdem sich der Senat für die Einführung von Studiengebühren ausgesprochen hatte. Ihnen war allerdings mehr Erfolg beschieden. Bereits nach knapp zwei Wochen zeigte sich die Universitätsleitung zu öffentlichen Gesprächen bereit und wird im Senat die Einführung der Gebühren noch einmal grundsätzlich diskutieren. Auch in Bielefeld ist das letzte Wort noch nicht gesprochen: Die ehemaligen BesetzerInnen campen mittlerweile im Eingangsbereich der Universität. Der Protest geht weiter.