»Blick nach Frankreich«

Proteste gegen Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen spitzen sich zu. Kölner Studierende besetzten Rektorat. Von Carolin Wedekind

Etwa 1500 Studierende verhinderten am 3. Mai eine Sitzung des Senats der Kölner Universität. Der Rektor der Kölner Uni, Axel Freimuth, der sich vor Eintreffen der protestierenden Studierenden im Senatssaal verbarrikadiert hatte, ließ sich und mehrere andere Hochschulbeschäftigte von der Polizei aus dem Hauptgebäude eskortieren. Es kam zu Handgemengen, bei denen einige Studierende leicht verletzt wurden.

Der Pressesprecher der Universität, Patrick Honecker, verglich im Kölner Stadt-Anzeiger die Situation im Senatssaal mit der in einem »Bunker im Zweiten Weltkrieg«. »Den Protest von Studierenden gegen Studiengebühren mit Kriegszuständen zu vergleichen, ist absurd und geschmacklos«, kritisiert der Student Till Kühnhausen. Die DemonstrantInnen hätten auf der öffentlichen Senatssitzung friedlich protestieren wollen und dies mit Rufen wie »Keine Gewalt« deutlich zu machen versucht.

Der Protest gegen Studiengebühren in NRW richtet sich zunehmend gegen die Leitungen einzelner Hochschulen. Viele von ihnen wollen ab dem Wintersemester 2006/2007 allgemeine Studiengebühren ab dem ersten Semester in Höhe von bis zu 500 Euro erheben. Durch das Studienbeitragsgesetz des nordrhein-westfälischen Bildungsministers Andreas Pinkwart (FDP) können die Hochschulen seit April dieses Jahres selbst darüber entscheiden, ob sie Gebühren einführen oder nicht.

Freimuth gilt als Befürworter von Studiengebühren. »500 Euro im Semester bringen niemanden um«, sagte er gegenüber dem Stadt-Anzeiger. Neben dem Verzicht auf jegliche Art von Studiengebühren und der öffentlichen Finanzierung der Hochschulen fordern die Studierenden demokratischere Entscheidungsfindungen an der Universität. Bislang haben die ProfessorInnen in den Gremien eine absolute Mehrheit.

Bereits am 27. April besetzten etwa hundert Kölner Studierende das Rektorat ihrer Universität. »Wir müssen den Blick nach Frankreich richten«, sagt eine der AktivistInnen. Nach einer Vollversammlung, in der über mögliche Protestformen diskutiert wurde, entschloss sich die Hälfte der etwa 200 Anwesenden das Büro von Rektor Freimuth zu besetzen. Die Studierenden beschlossen, dort zu bleiben, bis die Universitätsleitung versichert, keine Studiengebühren einzuführen. »Reden bringt nichts, solange die Gespräche nicht auf Augenhöhe stattfinden«, sagte Kühnhausen.

Am Abend des 7. Mai ließ Freimuth das Rektorat von der Polizei räumen. Von den etwa dreißig verbliebenen BesetzerInnen verließen bis auf vier freiwillig das Gebäude, die anderen wurden von PolizistInnen hinausgetragen. Von allen wurden die Personalien aufgenommen. Im Anschluss versammelten sich ungefähr hundert Studierende zu einer Spontandemonstration.

Die Universitätsleitung wollte zunächst eine Eskalation wie in Bochum vermeiden. Dort musste die Senatssitzung am 27. April aufgrund der großen Anzahl von DemonstrantInnen abgebrochen werden. Die Bochumer Ruhr-Universität erstattete Anzeige wegen Hausfriedenbruchs und ließ den besetzten Senatssaal von der Polizei räumen. »Einer Diskussion auszuweichen und stattdessen die Polizei zu rufen spricht für sich. Das ist die Ohnmacht der schlechten Argumente«, sagte der Geschäftsführer des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren, Amin Benaissa. Auch in Bonn verhinderten Studierende eine Senatssitzung. Etwa 500 GebührengegnerInnen hatten den Senatssaal gestürmt

In Köln entscheidet der Senat voraussichtlich am 24. Mai über eine Gebührenregelung.